In den Jahren nach 1880 fanden bedeutende Ausstellungen für Elektrotechnik statt, die
den Produkten dieser neuen Technologie den Siegeszug Stück für Stück vorbereiteten.
1881 hielt die französische Regierung in Paris eine Internationale Elektrizitätsausstel¬
lung ab, auf der Edison seine Glühlampe erstmals in Europa demonstrierte. Ein Jahr
später wurde unter wesentlichem Anteil Oskar von Millers eine zweite Internationale
Elektrizitätsausstellung in München veranstaltet, auf der die elektrische Gleichstrom¬
übertragung von Miesbach nach München Aufsehen erregte13. Weitere Ausstellungen
— Wien 1883, Turin 1884 und andere — folgten, ehe 1891 die Internationale Elektrizi¬
tätsausstellung in Frankfurt am Main den Systemstreit zwischen der Übertragung
durch Gleich- oder durch Wechsel- bzw. Drehstrom durch die bahnbrechende Dreh¬
stromübertragung von Lauffen am Neckar in das 180 km entfernte Frankfurt am Main
auf lange Sicht für den Drehstrom entschied. Der Beweis war erbracht worden, daß
Elektrizität nicht nur auf ein eng begrenztes Gebiet beschränkt bleiben mußte, son¬
dern auch auf weite Entfernungen noch wirtschaftlich sinnvoll genutzt werden
konnte14. In seinen Erinnerungen wies Oskar von Miller auf die Bedeutung der dama¬
ligen elektrotechnischen Ausstellungen hin; von ihnen sei eine außerordentliche För¬
derung der elektrotechnischen Industrie ausgegangen. Die Beleuchtung von Theatern,
Läden und Wohnungen sei entscheidend gefördert worden, die Einrichtung von elek¬
trischen Arbeitsmaschinen, die Errichtung von Telefonzentralen habe von diesen Aus¬
stellungen an einen außerordentlichen Aufschwung genommen15. Auswirkungen der
genannten Ausstellungen zeigten sich in der Verwendung der elektrischen Energie —
abgesehen vom bereits genutzten Schwachstrombereich — auch in der Saarregion. Im
Jahre 1879 brannten hier die ersten elektrischen Lampen — das „Zeitalter der Elektrizi¬
tät“16 an der Saar hatte begonnen.
2. Bergbau und Industrie als Pioniere der Elektrizitätsanwendung
Die Anfänge der Elektrizitätsverwendung im Saarrevier wiesen deutliche Parallelen
zur Entwicklung anderer Regionen im Deutschen Reich wie auch zu den übrigen Län¬
dern auf, die sich auf dem Wege zum Industriestaat befanden: Während sich öffentliche
Körperschaften und Einzelpersonen nur zögernd der neuen Technologie Elektrizität
zuwandten, erwiesen sich Bergbau und Industrie als Pioniere der Elektrizitätserzeu¬
gung und -anwendung. Sie nahmen bewußt das Risiko von Fehlschlägen beim Einsatz
13 Lindner (1985), S. 167.
14 ETZ 12(1891), S. 19, 185, 480f., 493f., 519, 547, 640.; Uppenborn (1892), S. 373ff., 388f.;
Hillebrand (1959),S.409ff.;vgl.auch Ott/Herzig (1981); Schwaiger (1939),S.55f.
15 Abgedruckt bei: Lindner (1985), S. 167.
16 So z.B.Arthur Wilke 1893: „Nicht mehr das Zeitalter des Dampfes, nein, das Zeitalter der
Elektrizität will die Jetztzeit genannt sein“, (nach Klemm, 1954, S. 370). Die „Lustigen
Blätter“ von 1900 begrüßten das neue Zeitalter wie folgt: „Nach langem und schwerem
Daseinskampf/ schiebt ab das alte Jahrhundert mit Dampf./ Wir brauchen ein neues
Fluidum,/ Heil Dir elektrisches Säkulum!“ (nach Troitzsch, Ulrich, Einführung zu
Kraemer, 1984, S. XVII).
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