Full text: Geschichte der Elektrizitätsversorgung des Saarlandes unter besonderer Berücksichtigung der Vereinigten Saar-Elektrizitäts-AG

Röchling zu, nachdem Vertraulichkeit der Vorlage festgestellt worden war82. Diese 
Entscheidung bedeutete einen herben Schlag für die SLE, verlor sie doch mit der Stadt 
Saarbrücken den größten Abnehmer und wurde auf dem Weg, eine einheitliche Elek¬ 
trizitätsversorgung an der Saar mit einem Kern aus Stadt- und Landkreis Saarbrücken 
aufzubauen, wieder zurückgeworfen. Die Möglichkeit der Stromversorgung vom 
Kraftwerk Homburg hatte die Stadt Saarbrücken bald verworfen, nachdem dort im 
Juni 1923 „einer der üblichen plötzlichen Streiks“ ausbrach83 und Landeskranken¬ 
haus, Bahnhöfe und viele Industrieunternehmen ohne Strom waren, ehe das Hombur- 
ger Eisenwerk die provisorische Belieferung übernahm84. 
Mit den Röchlingschen Eisen- und Stahlwerken hatte sich Saarbrücken einen Lieferan¬ 
ten ausersehen, der zu den erbittertsten Gegnern der französischen Interessen im Saar¬ 
gebiet zählte. Zudem hatte Hermann Röchling der Stadt schon einmal Strom aus sei¬ 
nem Kraftwerk angeboten, als Verhandlungen zwischen Saarbrücken und MDF ge¬ 
scheitert waren. Er hatte deshalb „einen ziemlichen Stein im Brett“, wie er in seinen 
Erinnerungen schrieb85. Für die Erweiterung des Kraftwerkes Wehrden standen 
höchsten sieben bis acht Monate zur Verfügung, zusätzlich fehlten sowohl der Stadt 
Saarbrücken wie auch Röchling die notwendigen flüssigen Mittel. Hoher jedoch als 
diese Schwierigkeiten bewertete Röchling selbst „die Gefahr eines großen politischen 
Mißerfolges, wenn die Stadt der Grubenverwaltung gegenüber reuig zu Kreuze krie¬ 
chen müßte“86. 
Der zeitliche Termin für die Kraftwerkserweiterung wurde durch die Schließung des 
französischen Zollgürtels gegen Deutschland am 10.01.1925 gesetzt, an dem die fünf¬ 
jährige zollfreie Ein- und Ausfuhr mit Deutschland nach dem Versailler Vertrag 
aufhörte87. Regierungskommission und französische Zollverwaltung versuchten be¬ 
reits ein Jahr zuvor, Einfuhren aus dem Reich mit der Begründung zu unterbinden, daß 
„die zollfreie Einfuhr nur für den örtlichen Bedarf, nicht aber für die Versorgung der 
Bevölkerung für die Zeit nach dem 10. Januar 1925 bestimmt sei“88. Röchling gelang 
aber auch hier dank seiner politischen Beziehungen zum Auswärtigen Amt, daß diese 
Frage auf Grund einer deutschen Intervention beim Völkerbund auf der Ratstagung 
vom 17. Juli 1924 einigermaßen zufriedenstellend für Röchling und damit für die Stadt 
Saarbrücken gelöst wurde. Andernfalls wäre eine Anzahl von Dampfkesseln für das 
Kraftwerk nicht mehr rechtzeitig oder nur mit hohen Zöllen belastet in das Saarland 
hereingekommen89. Für die Bestellung der Dampfturbinen glückte der Erhalt eines 
82 Ebd., 26.02. 1924. 
83 SZ-RA, Saarbrücker Zeitung v. 25.06.1923; ab 20. Juni stand das Kraftwerk still, wodurch 
große Teile der Pfalz ohne Strom blieben, Mitteilungen der VdEW 1923, S. 295. 
84 Im Herbst 1924 schloß die Stadt dann doch noch einen Vertrag über Zusatzstromlieferung 
mit dem Kraftwerk Homburg über 1500 kW ab Station Rentrisch ab (VSE-AHV, Aufsichts¬ 
ratssitzung v. 18.10.1924); vgl. ebf. StadtA Sbr. BG 2354, Verhandlungen der Stadt mit dem 
Kraftwerk Homburg. 
85 Röchling (1934), S. 104f.; zur Rolle Röchlings gegenüber dem französischen Einfluß im 
Saargebiet und zur Rückgliederung vgl. Jacoby (1973), S. 35f. 
86 Röchling (1934), S. 105. 
87 Vgl. Martini (1929), S. 14ff. 
88 Röchling (1934), S. 105. 
89 Es handelte sich um sieben Sektional-Kessel der Fa. Babcock, zwei Steilrohrkessel der Fa. 
Büttner sowie einen Steilrohrkessel der Fa. Humboldt, vgl. 50 Jahre Kraftwerk Wehrden 
(1963), S. 6. 
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