Damit entfällt aber auch die Notwendigkeit, mit der ,Gallia Christiana' zwischen
Ebroinus und einem präsumptiven Nachfolger Hervinus in der Abtsliste von St.
Paul zu unterscheiden. Auch die , Annales S. Pauli‘, wohl zu Lebzeiten des Eber-
win angelegt, da sie seinen Tod und seinen Nachfolger nicht melden, reichen bis
1024: die letzte Eintragung berichtet den Tod des Kaisers Heinrich II. und die
Nachfolge Konrads II.810.
Auf keinen Fall darf jedoch Abt Eberwin von St. Paul mit dem zeitgenössischen
und ebenfalls mit Richard von St. Vanne bekannten Eberwin von St. Martin zu
Trier in Verbindung gebracht werden. Beide besitzen unterschiedliche Todesda¬
ten811.
Wenn aber im Anschluß an den aus St. Paul gekommenen Blicher in der Tholeyer
Abtsliste ein Ebruinus genannt wird, so ist eine Identifizierung mit dem Verduner
aequivocus zumindest erwägenswert. Die fehlende nekrologische Überlieferung
aus Tholey spricht nicht dagegen, da das Todesdatum Eberwins in die verlorene
Hälfte des Tholeyer Nekrologs fällt812. Wenn eine Identifizierung in Frage
kommt, dann kann freilich das Abbatiat Eberwins II. in Tholey nur vor seiner Pro¬
motion auf den Abtsstuhl von St. Paul (eventuell auch noch für eine gewisse Zeit¬
spanne der Personalunion zwischen beiden Ämtern) angesetzt werden, keinesfalls
für den gesamten Zeitraum der Amtsausübung Eberwins in dem Verduner Klo¬
ster, da sich sonst chronologische Überschneidungen mit den nachfolgenden Tho¬
leyer Äbten ergäben. Für eine Herkunft Eberwins aus dem Osten spricht die kor¬
rekt althochdeutsche Graphie seines Namens in den unter ihm redigierten , Anna¬
les Virdunenses*, sowie gewisse, mit einiger Wahrscheinlichkeit auf Tholeyer Tra¬
ditionen zurückzuführende Nachrichten dieses Annalenwerkes813.
34. Gerbardus (nach 1000/01 ? - vor 1018)
35. EberuuinusYW. (um 1018-nach 1036):
In den späteren Jahren des Episkopats Poppos von Trier (1016 - 1047) stellte Abt
Eberwin von St. Martin in Trier eine Sammlung von Schriften zur Abteigeschichte
(Cod. Trier Stadtbibi. 1413) zusammen, die im wesentlichen sein Werk sein dürf¬
ten oder sich doch seiner Initiative verdanken814. Die Sammlung umfaßt:
810 Das Interesse für Heinrich II. entspricht den Schenkungen, welche der Kaiser und seine loth¬
ringische Gemahlin der Abtei St. Paul zuwandten. Sie wurden im Nekrolog von St. Paul fest¬
gehalten: 1) zum 8. VII.: Commemoratio Henrici imperatoris qui multade wesaurissuiscontu-
lit hüte loco; 2) zum 2. III.: Commemoracio Cunegundis imperatricis quae dedit nobispallium.
Vgl. Brouette,Obituaire 97. 111.
811 Vgl. u. S. 171.
812 Vgl. o. S. 14 ff.
813 Vgl. Haubrichs (wie Anm. 724). Für eine nahe Beziehung zu Eberwin von St. Paul spricht
auch die Ausführlichkeit, mit der die,Annales Virdunenses1 aus St. Paul den Einfall des west¬
fränkischen Königs Lothar IV. in Lothringen besprechen. Wie bei seinem Zeitgenossen, dem
978 geborenen Poppo von Stablo, Schüler Richards von St. Vanne, dessen Vater in den
Kämpfen umkam, waren die lothringischen Kriege wohl ein Initialerlebnis.
814 Vgl. Sauerland, Geschichtsquellen 5 f.
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