Beziehungen stand8, bzw. die Einreihung Verduner Bischöfe in die Listen aus
Tholey können nur soweit als eigenständiges Argument gegenüber 1. geführt
werden, als sie sich auf die älteste Liste bzw. den zu rekonstruierenden Arche¬
typ aller Listen beziehen. Wir wissen, daß man im 12. Jahrhundert in Tholey
der Meinung war, daß sechs Verduner Bischöfe aus dem saarländischen Kloster
hervorgegangen seien. Ihre Namen lassen sich - wie unten im einzelnen zu er¬
weisen sein wird - aus der ältesten Liste rekonstruieren. Die im frühen 16. Jahr¬
hundert bereits weitergeführte Traditionserweiterung auf elf Namen, die nach¬
weisbar nichts mit Verdun zu tun haben können, bedarf einer eingehenden Un¬
tersuchung. Brüche in der Überlieferung werden hier Aufschluß geben. Für die
älteste Liste sind die Zuschreibungen jedenfalls gerade nicht - wie Pauly will9 -
mit dem Anwachsen des legendarischen Verduner Traditionskomplexes um Bi¬
schof Paulus, der auch in der Tholeyer Frühgeschichte eine Rolle spielt, in Ver¬
bindung zu bringen, denn die Katalogisierung der Verduner Nachfolger des
Paulus als Tholeyer Mönche und Äbte, wie sie seit dem 16. Jahrhundert die
Verduner Tradition charakterisiert, fehlt in ihr noch. Die falschen Prädizierun-
gen Tholeyer Äbte mit dem Bischofstitel der Maasstadt wären zudem so nicht
zu erklären.
3. Auch der angebliche Ausfall des Tholeyer Abtes Abbo von 1066 ist nicht geeig¬
net, als ein „geradezu unglaubliches“ Faktum10 den Glauben in die Vertrauens¬
würdigkeit der Klosterüberlieferung so gründlich zu zerstören, wie Pauly an¬
nimmt. Die älteste Liste enthält an der Stelle, an der Abbo zu erwarten wäre,
durchaus einen Namen, der mit dem des Gesuchten sprachlich zu identifizieren
ist.
Die Forschungsgeschichte zeigt, daß der Mangel an Gründlichkeit in der Siche¬
rung der philologischen und sprachlichen Voraussetzungen einer Verwertung
der Tholeyer Abtskataloge für die Frühgeschichte des Klosters bei Lager Fol¬
gen für die weitere Forschung hatte. Die undifferenzierte Parallelbewertung
der einzelnen Listen ohne Rücksicht auf ihre Stellung in der Überlieferung hat
bei Pauly, der diese einmal gewählte Perspektive nicht überwand, zu einer pro¬
blematischen Einschätzung der historischen Relevanz der Listen geführt. An
anderer Stelle konnte bereits gezeigt werden, daß die Tholeyer Überlieferung
die pauschale Geringschätzung nicht verdient, vielmehr gerade und zumindest
für die früheste Zeit einen echten Kern enthält11, den es im folgenden noch ge¬
nauer herauszupräparieren gilt. Not tut eine philologisch-sprachliche Untersu¬
chung der externen und internen Überlieferungsmerkmale der Kataloge, so¬
dann ein quellenkritischer Einbezug der Parallelüberlieferung, der in Form ei¬
nes sprachgeschichtlichen und historischen Kommentars zu den einzelnen Na¬
men gegeben werden soll. Zunächst soll jedoch an einem günstig gelagerten Fall
geklärt werden, ob und in welcher Weise man im neuzeitlichen Tholey vor 1792
auf mittelalterliche Quellen zur Geschichte des eigenen Konvents zurückgrei¬
fen konnte.
9 Pauly, Landkap. Wadrill 126 f.
10 Pauly, Landkap. Wadrill 122.
11 Haubrichs, Ortsnamen I 49 ff.
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