Beaulieu war also nach dem Modus des irofränkischen Luxeuil verfaßt, die Rechte
des Diözesans wurden jedoch garantiert. Und so wie im Falle von Rebais der Kö¬
nig der Meinung war, auf Grund der Fundierung des Klosters durch Fiskalgut -
wie H. Frank dargelegt hat - der Stiftung die volle Exemtion gewähren zu können,
wird hier die Reservation der Diözesanrechte durch den König eben auf seine Fun-
dation zurückzuführen sein. Auch Königsschutz gewährten die merowingischen
Könige nur den auf ihrem Grund errichteten Klöstern. Beaulieu scheint also auf
Königsgut im eremus der Argonnen errichtet worden zu sein.
Daß Beaulieu auf Fiskalbesitz gegründet wurde und lange Zeit Königskloster war,
läßt sich in der Tat durch andere und bisher nicht richtig interpretierte Quellen be¬
weisen:
Im Jahre 702 schenkte der Flausmeier Pippin der Mittlere zusammen mit seiner
Gemahlin Plektrud an die Verduner Kirche St. Vanne den Ort Parois (Meuse, Ka.
Clermont) zusammen mit einem Waldgebiet in den Argonnen, das sich in etwa
südlich von Clermont und Les Islettes erstreckte. Als südwestliche Grenze der sil-
va wird die terminatio fiscalina de Hebenaca villa et sancti Moricii (var. Mauritii)
genannt. Die hier genannte Mauritiuskirche muß zweifelsfrei mit St. Maurice in
Beaulieu, die Heberiaca villa aber mit Evres, dem späteren Hauptort und Ge¬
richtssitz des klösterlichen Territoriums identifiziert werden4723. Die silva Pippins
stieß also 702 im Südwesten an einen Fiskalbezirk, dessen Zentren Evres-en-Ar-
gonne (Meuse, Ka. Triaucourt) und die Mauritiuskirche in Beaulieu waren. Damit
ist zugleich die Existenz der Gründung des Chraudingus für den Beginn des 8.
Jahrhunderts - unabhängig von der späteren Vita - nachgewiesen.
Heberiaca ist zum germanischen PN Ebur + galloromanisches Siedlungsnamen¬
suffix -iaca zu stellen, wie auch die weiteren Formen des 6 km südöstlich von
Beaulieu gelegenen Evres zeigen:
1156 Hevre
1216 deApri
1254 villa Eversa, villa de Evres
13./14.Jh. Aivre
Die h-Prothese ist eine unorganische, in romanischer Umgebung häufiger begeg¬
nende Erscheinung. Bei der endlich durchgesetzten Form des Siedlungsnamens
handelt es sich um eine in der Germania und ihren Kontaktzonen, dabei auch im
Département Meuse öfter anzutreffende elliptische Ableitung vom Siedlungsna¬
mentyp Personenname (im Gen.) -H villa, um einen ,genetivischen‘ Ortsnamen.
Hier muß *Ebures(villa) rekonstruiert werden. Der genetivische Charakter des
Namens scheint noch in der Latinisierung Apri von 1216 durch.
472aVgl. hierzu und zu den folgenden Beweisgängen demnächst Haubrichs, Urkunde Pip¬
pin. Dort auch eine ausführlichere und genauere Beschreibung des Territoriums der Ab¬
tei Beaulieu.
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