Jahre empfing78. Das saarländische Sonderschulwesen bot im Jahre 1951, wie Sander er¬
mittelt hat, ein ebenso tristes Bild wie in der Bundesrepublik79. Es erfaßte mit seinen 519
Schülern in 18 Klassen nur einen Bruchteil der lernhilfebedürftigen saarländischen
Kinder80. Ähnlich unbefriedigend war auch die Situation der Kindergärten. Sie konnten
im Jahre 1951 nur 11212 Kinder der 38530 Drei- bis Sechsjährigen Platz bieten81.
Im Bereich der beruflichen Bildung war aufgrund der wohlwollenden Unterstützung
durch Regierungskommission, Parteien und Wirtschaft ein relativ gut ausgebautes Sy¬
stem schon in den Jahren von 1920 bis 1935 grundgelegt worden, das sich schon bald in¬
folge ständig wachsender Bildungsbedürfnisse in einen gewerblichen, hauswirtschaftli¬
chen und kaufmännischen Sektor aufteilte. Im Jahre 1951 wurden an der Saar 38 141
Schüler an den berufsbildenden Schulen unterrichtet. Davon waren 15015 der gewerbli¬
chen, 15 843 der hauswirtschaftlichen und 7284 der kaufmännischen Abteilung zuge¬
ordnet82. Damit besuchten schätzungsweise83 rund 90 % der aus der Volksschule kom¬
menden Jugendlichen im Saarland eine öffentliche Berufsschule, die übrigen dürften in¬
nerhalb von Handels-, Fach- und Betriebsschulen speziell auf ihren Beruf vorbereitet
worden sein84. Wie in der Bundesrepublik so unterschied man auch im Saarland in der un¬
mittelbaren Nachkriegszeit noch streng zwischen Allgemein- und Berufsbildung. Die pri¬
märe Aufgabe der Berufsschule sah man in der Steigerung der beruflichen Leistungsfähig¬
keit. Besonders deutlich zeigte sich das in der gewerblichen Berufsausbildung, wo am
Kern der betrieblichen Ausbildung strikt festgehalten wurde und der Berufsschule nur
eine begleitende Bildungsaufgabe zugewiesen wurde. Ein System von Aufbau- und För¬
derklassen, das die Möglichkeit zu weiterführenden beruflichen oder schulischen Quali¬
fikationen geboten hätte, blieb vorerst nur auf den kaufmännischen Sektor beschränkt.
Im Jahre 1947 war das Saarland noch immer eine Region ohne Universität und höhere
Fachschulen in staatlicher Trägerschaft. Saarländer, die eine qualifizierte Bildung er¬
strebten, mußten sozusagen „außer Landes“ gehen, um ihre Studien betreiben zu können.
Ebenso bedeutsam wie die Bildungsstrukturen, die hier lediglich im Sinne einer Bestands¬
aufnahme vorgestellt werden, sind für diese Untersuchung Auskünfte über das Schulrecht
und den besonderen Einfluß der katholischen Kirche und des politischen Katholizismus
in Bildungsangelegenheiten. Die Kontinuität des deutschen Schulrechts blieb in der Zeit
des Völkerbundregimes gewahrt, wenn man einmal von der Reform der Volksschulfinan¬
zierung, die die Regierungskommission hinsichtlich der Trägerschaft der Personalkosten
in Abweichung vom preußischen Volksschulunterhaltungsgesetz aus dem Jahre 1906 re¬
gelte, und von der Einführung einer zentralen Schulaufsicht durch die Direktion für
78 Vgl. hierzu die Untersuchung von Chr. Roger über die Saarbrücker Cecilienschule und ihres
Gründers Franz-Joseph Niemann.
79 A. S a n d e r, S. 190 ff.
80 Statistisches Handbuch (Saarland 1952), S. 211.
81 Errechnet nach Angaben des Statistischen Handbuchs (Saarland 1955), S. 23 und S. 262.
82 Statistisches Handbuch (Saarland 1955), S. 254 und 258 f.
83 Die Gesamtzahl berufsschulpflichtiger Schüler ist in der Statistik nicht ausgeworfen, so daß die
Relation zu der Zahl der saarländischen Volksschüler des Jahres 1951 schätzungsweise ermittelt
werden mußte.
84 So sind die 60 Bergschulen, die 3 Industrie- und 4 Eisenbahnschulen, die S t r a u s in einem Beitrag
der französischen Zeitschrift „L’enfant et nous“ aufzählt, in der Statistik nicht nachgewiesen. E.
Straus, situation, ohne Seitenangabe.
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