oft eingesperrt, alles das sind doch Dinge, die doch in einem Grenzgebiet zu denken
geben.61
Aber auch im Lager der bürgerlichen Parteien wie z. B. der Zentrumspartei, die sich, an¬
gesichts der innenpolitischen Entwicklung in Deutschland und von dem Wunsch nach
einer Rückkehr ins Vaterland geleitet, bereits im Jahre 1933 veranlaßt sahen, in eine po¬
litische Aktionsgemeinschaft mit den Nationalsozialisten, der sogenannten Deutschen
Front einzutreten, setzte nach der Abstimmung im Januar 1935 allmählich eine Rückbe¬
sinnung auf überlieferte Lebenswerte ein. Vor allem christlich orientierte Politiker ge¬
langten in zunehmendem Maße zu der Erkenntnis, daß zwischen ihnen und dem Natio¬
nalsozialismus ein Gegensatz bestand, der aufgrund der dort herrschenden Rassenideo¬
logie unüberbrückbar war. Je stärker ihnen diese weltanschauliche Frontstellung bewußt
wurde, desto größer wurde die Zahl derjenigen, die in eine innere Emigration auswichen.
Manche fanden sogar den Mut zum offenen Widerstand. Diese verfolgte Opposition ver¬
bindet sich u. a. mit den Namen von Bartholomäus Koßmann und Pfarrer Franz Bun-
garten62. Der innere und äußere Widerstand gegen den Nationalsozialismus wurde zum
Ausgangspunkt für eine Renaissance regionalen politischen Denkens auf der Grundlage
christlicher Wertkategorien und heimatlicher Verwurzelung. Von 1920 bis 1935 war die
lokale Orientierung in der Politik durch die Bedrohung der Verbundenheit mit der deut¬
schen Volksgemeinschaft in den Hintergrund gerückt, sie trat aber in dem Augenblick aus
ihrer Latenz hervor, als die nationalsozialistische Herrschaft in ihren nachteiligen bzw.
schrecklichen Folgen spürbar wurde. Neben der rigoros gehandhabten kommissarischen
Verwaltung des Saargebietes durch den Gauleiter Joseph Bürckei, der rücksichtslos
durchgedrückten verwaltungsmäßigen Verbindung mit der Pfalz und Lothringen in der
Zeit des Zweiten Weltkrieges, dem Verlust der Rechtsstaatlichkeit und den furchtbaren
Kriegsverwüstungen, war der Schulkampf des Jahres 1937 eine der wichtigsten Stationen
auf diesem Wege63.
Ausgelöst wurden die Auseinandersetzungen im Frühjahr 1937, als Bürckei, nachdem er
kurz zuvor die kirchlichen Jugendverbände verboten hatte, die Einführung der interkon¬
fessionellen Gemeinschaftsvolksschule für die Pfalz und das Saargebiet ankündigte. Die
Bekenntnisschule sollte also aufgehoben werden. In Kreisen der inzwischen aufgelösten
Zentrumspartei, der bis zum Abstimmungskampf mit Abstand stärksten politischen
Kraft an der Saar64 und als solche erfahren und erprobt im Kampf um kirchliche Erzie¬
61 W, Kern, S. 6.
62 Vgl. R. H. Schmidt, Bd. I, S. 171 und S. 173.
63 Vgl. hierzu P. Zenner, Volksschule.
64 Im Jahre 1932 erreichte das Zentrum bei den saarländischen Landratswahlen einen Stimmenan¬
teil von 43,2 % und bestätigte damit ähnliche Wahlerfolge von 1922, 1924 und 1928. Es folgte
die Kommunistische Partei mit 23,1 % (!), die Sozialdemokraten mit 9,6 %, die Nationalsozia¬
listen mit 6,7 % und die liberale Deutsch-Saarländische Volkspartei mit 6,6 %. Auffallend in der
saarländischen Wahlstatistik ist die starke Zunahme der Kommunistischen Partei im Zeitraum
von 1922 bis 1932 auf Kosten der Sozialdemokraten und der parallel zum Deutschen Reich
starke Rückgang der liberalen Parteien. Vgl. im einzelnen M. Zenner, Parteien, S. 335 (Anlage
35