zeigt sich auch in der Tatsache, daß die Militärregierung in Saarbrücken in Bildungsange¬
legenheiten, wenn man einmal von den Rückwirkungen der generellen Zielsetzungen Ent¬
nazifizierung, Entmilitarisierung und Demokratisierung auf die Schule absieht, andere
Wege ging als die französische Militärregierung in Baden-Baden, die mit ihrem antikirch¬
lich geprägten Gestaltungswillen bald auf den energischen Widerstand der einheimischen
Bevölkerung und vor allem der Kirchen traf. Bildungspolitisch motivierte Auseinander¬
setzungen gab es im Saarland nur, wenn die Militärregierung im Interesse ihres allge¬
meinen politischen Ziels Versuchungen zu eigenmächtigem Vorgehen erlag. Ein Beispiel
hierfür ist insbesondere die Gründungsgeschichte der Universität des Saarlandes, spürbar
wurden sie aber auch bei der Einführung des französischen Sprachunterrichts an den
Volksschulen und im Zuge der Entnazifizierung der Lehrerschaft, die oft genug von Per¬
sonalspekulationen diktiert wurde, die den saarpolitischen Zielen Frankreichs dienlich
waren.
Einen Ausgleich der Interessen fand man im Kulturabkommen vom 15. Dezember 1948.
Es eröffnete der französischen Seite zwar punktuell einen starken kulturpolitischen Ein¬
fluß, der insbesondere den französischen Sprachunterricht und seine Beaufsichtigung
durch Kulturattachés der Mission Diplomatique, die französischen Schulen und ihre Auf¬
nahmeberechtigung für schulpflichtige saarländische Kinder sowie die Universität des
Saarlandes betraf. Zugleich bestätigte das Abkommen aber die kulturpolitische Souve¬
ränität der Saar als einem Land mit deutsch geprägter Kultur. Frankreich übernahm mit
diesem Abkommen eher die Rolle eines Förderers im gesamten Kultur- und Bildungsbe¬
reich, wobei seine Zielsetzungen kaum von einer ihm in der Literatur oft unterstellten
„pénétration culturelle“ beherrscht waren, sondern von dem Gedanken, die Autonomie
der Saar durch ein anspruchsvolles Kultur- bzw. Bildungsniveau zu betonen und zu
stärken. So war das Kulturabkommen ein wichtiges Instrument für den weiteren Ausbau
eines durchstrukturierten Bildungssystems, vor allem im Hochschulbereich. Universität,
Fachhochschulen und neue Anstalten für die berufliche Weiterbildung sind an der Saar
nach 1945 aufkeimende Einrichtungen, die der Saarbevölkerung Bildungsmöglichkeiten
anboten, wie sie in Anspruch und Vielfalt vorher nicht bestanden. Das saarländisch-fran¬
zösische Kulturabkommen hat die Selbstbestimmung der Saarländer in Bildungsfragen im
Kern nicht berührt. Anpassungen gab es lediglich auf dem Gebiet des französischen
Sprachunterrichts, des Hochschulwesens und bezüglich der Zulassung schulpflichtiger
saarländischer Kinder zu den Schulen in französischer Trägerschaft. Die Bildungspolitik
blieb weitestgehend eine Angelegenheit der Saarländer, ein Freiraum, der zum Teil jedoch
auch erkämpft werden mußte und damit Ausdruck eines regional orientierten Selbstbe¬
hauptungswillens ist. Insgesamt gesehen stand einer kontinuierlichen Fortentwicklung
des deutsch geprägten Bildungswesens nach dem Kulturabkommen nichts mehr im Wege.
Die Schulartikel der saarländischen Verfassung, die am 17. Dezember 1947 in Kraft
traten, wurden inhaltlich weitgehend nach den Vorstellungen der Christlichen Volks¬
partei abgefaßt. Als katholisch-konfessionelle Partei konnte sie sich unter Führung Jo¬
hannes Hoffmanns aufgrund ihrer soliden Mehrheit gegen Sozialdemokraten, Liberale
und Kommunisten durchsetzen. In erklärter Anlehnung an die schulpolitischen Grund¬
sätze der Deutschen Zentrumspartei zur Zeit der Weimarer Republik vermochte sie das
auch von ihr anerkannte staatliche Aufsichts- und Gestaltungsrecht mit den tradierten
schulischen Forderungen der katholischen Kirche zu verbinden. Die bekenntnisgebun¬
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