bruch56 ihrer Anstalt auf dieses Problem aufmerksam gemacht hatte, womit ein weiterer
Beleg für die bewegten Begleitumstände der Lehrerbildungsreform im Saarland erwähnt
wäre. Eine der Hauptursachen des Gerangels um die Volksschullehrerbildung lag in der
berechtigten Sorge begründet, ob die neue akademische Laufbahn auch von einer genü¬
genden Zahl von Abiturienten angenommen werden würde. Erst im Jahre 1962 erreichten
die Pädagogischen Hochschulen, nachdem man im Jahre 1957 mit 228 Lehrerstudenten
begonnen hatte, mit 524 Studierenden eine Kapazität, die eine spürbare Linderung eines
immer noch herrschenden Lehrermangels, auch ein Erbe aus vergangenen Tagen, ver¬
sprach57. Im Jahre 1969 kam das Ende der konfessionellen Lehrerbildung im Saarland.
Nachdem der Saarländische Landtag am 9. Juli 1969 den Beschluß gefaßt hatte, den
darauf bezogenen Verfassungsartikel 31 ersatzlos zu streichen, wurden durch Erlaß die
beiden Hochschulen aufgelöst. Gleichzeitig wurde die Pädagogische Hochschule des
Saarlandes errichtet, die durch das Gesetz vom 17. Dezember 1969 den Status einer wis¬
senschaftlichen Hochschule erhielt58. Wenige Monate später, im April 1970, wurde die
Pädagogische Hochschule mit der Universität, der Fachhochschule und der Musikhoch¬
schule zur „Hochschule des Saarlandes“ zusammengefaßt59. Der Wandel zur verwissen¬
schaftlichten Volksschullehrerbildung60 war Ausdruck eines Säkularisierungsprozesses,
der seine Dynamik von einem zum Teil anmaßenden emanzipatorischen Wirkungsspruch
der pädagogischen Wissenschaften empfing.
Eine starke Bastion war dem konfessionellen Prinzip schon im Jahre 1957 genommen
worden, als das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil über das Reichskonkordat
zwar die völkerrechtliche Gültigkeit des Vertragswerkes anerkannte, expressis verbis
aber seine Rechtskraft für die Bundesländer in Schulfragen verneinte. Damit war nicht nur
die Kulturhoheit der Länder, die im Dritten Reich einem rücksichtslosen Staatszentra¬
lismus geopfert worden war, wieder vollgültig hergestellt, sondern auch die wichtigsten
Rechtsbestimmungen im Interesse katholischer Schulpolitik neu zur Disposition gestellt
worden. Anfang der sechziger Jahre begann dann die Diskussion um die „deutsche Bil¬
dungskatastrophe“, und in diesem Zusammenhang fiel dann auch bald das Wort vom
„katholischen Bildungsdefizit“61, mit dem man den merklich geringeren Anteil von Kin¬
dern aus katholischen Familien an qualifizierten Schulabschlüssen beklagte. Die tiefere
Ursache dieser zum Teil mit Vehemenz vorgetragenen Kritik stand im Zusammenhang
mit einer tiefgehenden Veränderung im Bildungsbewußtsein katholischer Bevölkerungs¬
kreise, die sich im Laufe der Jahre auch im Saarland dadurch bemerkbar machte, daß das
dort einmal tief verwurzelte Wertbild einer religiös gebundenen schulischen Erziehung
56 Der Inhalt des Briefes ist, da er von Scherer zitiert wurde, in den Stenographischen Berichten des
nSaarländischen Landtags, 3. Wahlperiode, auf S. 1247 wiedergegeben. Das Original datiert
vom 21. 4. 1956 und befindet sich im LA Saarbrücken, Bestand KM - Mk 4813.
57 Vgl. hierzu im einzelnen Regierung, Fünf Jahre, S. 24 (Im Quellen- und Literaturverzeichnis
unter B I, 5. zu finden). Der Volksschullehrerbedarf lag, wenn man eine Klassenfrequenz von
etwa 30 erstrebte, im Saarland bei rund 3 200 Lehrern. Bis zum Jahre 1962 zählte man dort aber
nur rund 3 000 Lehrer.
58 Pädagogische Hochschule Saarland, S. 34 (Im Quellen- und Literaturverzeichnis unter
B I, 6. zu finden).
59 H.-W. Herrmann und G. W. Sante, Saarland, S. 57.
60 Hierbei ist zu bedenken, daß die eigentliche Volksschule mit der Reform ihrer Oberstufe in den
sechziger Jahren aufgehört hatte zu bestehen.
61 Vgl. hierzu im einzelnen K. Erlinghagen und M. Klöcker.
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