Verwaltungsrat besorgt fragte, ob man nicht durch die erheblichen Überbeträge Gefahr
laufe, daß die Zuschüsse des nächsten Jahres (der saarländischen und französischen Re¬
gierung) herabgesetzt werden17.
Der vorteilhafte Einfluß des Faktors haushaltspolitische Liquidität zugunsten akademi¬
scher Mitbestimmung wurde indes noch übertroffen durch das Wirken zweier Männer,
deren Namen mit der Entwicklungsgeschichte der Universität des Saarlandes unbedingt
genannt werden sollten: Pierre Donzelot, der aus Nancy kommende Pharmazie-Professor
und langjährige Rektor der dortigen Universität, der den Vorsitz des Verwaltungsrates bis
1954 innehatte, und Joseph François Angelloz, der französische Rektor der Saaruniver¬
sität von 1950 bis 1956. Daß die Spitzenämter der jungen Universität durch Franzosen re¬
präsentiert waren und nicht, wie es der Artikel 12 des Kulturabkommens für den Verwal¬
tungsratsvorsitz direkt und für das Amt des Rektors nach Ablauf von 5 Jahren vom Tag
der Unterzeichnung des Vertrages (15. 12. 1948) an fakultativ zuließ, durch zumindest
einen Saarländer, hatte natürlich vorrangig politische Gründe. Eine Rolle spielte aber
auch die Tatsache, daß dem Saarland als Universitätsneuland, wie Woelfflin es formu¬
lierte, noch keine geeigneten Persönlichkeiten für eine solche Aufgabe zur Verfügung
standen. Hinzu kam, so Woelfflin gegenüber dem Verfasser, daß ein Franzose im Amt des
Rektors eine bessere Voraussetzung für finanzielle und personelle Unterstützungen aus
Frankreich war. Sie müssen nämlich wissen, daß die französische Regierung in der Bereit¬
stellung von Geldmitteln oft Schwierigkeiten machte, insbesondere wenn es um den Kul¬
turbereich ging1*. Die von Woelfflin ins Feld geführten Vorzüge eines französischen Rek¬
torats für die noch im Aufbau.befindliche Universität scheint auch die saarländische Seite
schnell erkannt zu haben; denn sie verzichtete sehr bald auf die von ihr nach dem Abgang
des Gründungsrektors Barriol favorisierte Nachfolge von Professor Eugen Meyer27 29. Ähn¬
lich gelagert waren die Motive bei der Vergabe des Vorsitzes im Verwaltungsrat an Don¬
zelot. So votierte Groh in seiner Eigenschaft als Hochschulreferent im saarländischen Kul¬
tusministerium im Vorfeld der Entscheidungen über die personelle Zusammensetzung des
Verwaltungsrates für die Periode 1953 bis 1956 nachdrücklich für eine erneute Kandi¬
datur des bisherigen Vorsitzenden Donzelot. Es sei, so Groh, einfach verfrüht, jetzt schon
einem Saarländer den Vorsitz anzuvertrauen. Herr Donzelot ist durch seine derzeitige Tä¬
tigkeit in der Lage, der Universität des Saarlandes erhebliche Hilfe zufließen zu lassen. Da
Herr Donzelot in der internationalen wissenschaftlichen Welt ein hohes Ansehen genießt,
ist er als Vorsitzender des Verwaltungsrates zweifellos besser geeignet als irgendein in
Frage kommender Saarländer30. Donzelot, der als Freund Grandvals schon bei der Grün¬
dung der neuen Hochschule eine Rolle gespielt hatte31, war im Jahre 1950 zum General¬
direktor für das höhere Lehrwesen im französischen Erziehungsministerium berufen
worden. In dieser Position hat er in der Tat für die junge Saaruniversität in Frankreich
27 Protokoll über die Sitzung des Verwaltungsrates vom 23.5.1952. LA Saarbrücken, Bestand KM,
Abt. Hochschulen, UIS Verwaltungsrat 1952.
28 Interview P. Woelfflin vom 27. 11. 1976.
29 Interview P. Woelfflin vom 27. 11. 1976. Im Kulturabkommen war die Möglichkeit eines saar¬
ländischen Rektorats zu so einem frühen Zeitpunkt nicht vorgesehen.
30 Aktenvermerk Grohs über den Verwaltungsrat der Universität des Saarlandes vom 13. 3. 1953.
LA Saarbrücken, Bestand KM, Abt. Hochschulen, UIS Universitätsrat und Verwaltungsrat 1954
-1955.
31 Siehe oben, S. 119.
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