der langsame (sic) Normalisierung des kulturellen Lebens'90. Diese allgemein gehaltene
Charakterisierung schul- und kulturpolitischen Bemühens im Nachkriegsdeutschland
traf auch und gerade auf das Saarland zu, denn hier war es infolge schwerer Luftangriffe
und aufgrund bewegter Frontverschiebungen zu besonders schlimmen Zerstörungen und
Verwüstungen gekommen190 191. An der Saar begann der eigentliche Wiederaufbau im Jahre
1948 und erreichte in den Jahren 1950 und 1951 einen ersten Höhepunkt. Von diesem
Aufschwung profitierte auch der Schulbau, dem im Jahre 1949 noch die Aufgabe bevor¬
stand, etwa 1 000 Schulklassen neu zu errichten192. Allein in der Stadt Saarbrücken
fehlten zu diesem Zeitpunkt über 200 Schulräume. Hier wurden nach einem Bericht der
Saarbrücker Zeitung bis zum Juni 1953 neun Schulhäuser mit 113 Klassen wiederaufge¬
baut bzw. neugebaut, sechs Schulhäuser mit 100 Klassen befanden sich nach diesem Re¬
port zum gleichen Zeitpunkt im Bau193. Selbst Schmidt, der mit der saarländischen Politik
nach 1945 wegen ihrer separatistischen Ausrichtung hart ins Gericht gegangen ist, räumt
ein, daß in den Jahren nach 1947 für den „äußeren und inneren Wiederaufbau von
Schulen, Kirchen, Theatern, Festhallen, Museen, Bibliotheken und Sportstätten ... viel
getan“ worden ist194. Daß sich die enormen Anstrengungen und Erfolge im Bereich der
sächlichen Schulleistungen, die in der Ära Straus begannen und auch danach kontinu¬
ierlich fortgesetzt worden sind, im Kulturhaushalt des Saarlandes nicht widerspiegeln,
liegt daran, daß die hierfür notwendigen Mittel in der Regel in den außerordentlichen
Etats der Kommunen ausgewiesen sind, die wiederum zum Teil durch Schlüsselzuwei¬
sungen der saarländischen Regierung subventioniert wurden. Außerdem blieben die
Gelder und personellen Leistungen, zu denen sich Frankreich im Kulturabkommen ver¬
pflichtet hatte, im Haushalt unberücksichtigt.
Der Anteil des saarländischen Kulturhaushalts am ordentlichen Gesamtetat bewegte sich
bis zum Jahre 1955 stets um die 10-Prozentmarke. Er erreichte für das Rechnungsjahr
1951, das als letztes unter Beteiligung von Straus als Kultusminister verabschiedet wurde
und das aus diesem Grunde als Stichjahr genommen werden soll, ein Volumen von reich¬
lich 3 Milliarden ffrs (= 36 Millionen DM), was exakt einer Quote von 10,3 % der Aus¬
gaben im ordentlichen Haushalt entspricht, die sich damals auf 29 Milliarden ffrs (= 348
Millionen DM)195 beliefen. Damit erreichte der Kulturetat des Saarlandes zwar einen ge¬
ringeren Prozentanteil als die Kulturhaushalte des Jahres 1951 von Nordrhein-Westfalen
(14,24%) und Rheinland-Pfalz (12,5 %)196. Der Vergleich rückt aber sofort ins rechte
Licht, wenn man zu einer Pro-Kopf-Analyse übergeht. Schlägt man den jeweiligen Aus¬
gaben für Kultur noch den Anteil der kommunalen Leistungen hinzu, die nach einer Sta¬
190 Konferenz, Bericht 1961/62, S. 257.
191 Vgl. dazu oben, S. 37 und S. 80 ff.
192 Vgl. dazu die entsprechenden Angaben im Schreiben des Kultusministeriums an die Landräte des
Saarlandes und dem Bürgermeister der kreisfreien Stadt Saarbrücken vom 23. 5. 1949. LA Saar¬
brücken, Bestand KM, Abt. Allgemeine Verwaltung, Z II — A 18a - 1945.
193 Saarbrücker Zeitung vom 8. 6. 1953
194 R. H. Schmidt, Bd. 2, S. 664.
195 Errechnet auf der Basis des Wechselkurses (100 ffrs = 1,19832 DM), der für den Zeitraum vom
17. 2. 1950 bis 14. 1. 1952 gültig war.
196 Ordentlicher Haushalt 1951 Nordrhein-Westfalen, Ein- und Ausgaben 2506623 250 DM,
davon für Kultus 357005 600 DM. Rheinland-Pfalz 542313 000 DM, davon für Kultus
67 811 000 DM. Die genannten prozentualen Haushaltsansätze blieben für die fünfziger Jahre in
etwa konstant.
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