Full text: Bildungspolitik im Saarland

c. 
Die Verfassungsartikel über schulische und universitäre Bildung 
sowie Kulturpflege, das französisch-saarländische 
Kulturabkommen und der Ausbau des 
saarländischen Bildungswesens in den Jahren von 1947 bis 1951 
1. Die Separation als Gewissensfrage 
Johannes Hoffmann, der sich „voll verantwortlich“ für den Weg des Saarlandes in den 
Jahren von 1945 bis 1955 erklärt hat1, begründete in seinem im Jahre 1963 erschienenen 
Buch „Das Ziel war Europa“ die von ihm gewollte Politik der Zusammenarbeit mit 
Frankreich generell mit der saarländischen Interessenlage. Für diese sei nicht nur die 
Selbstverwaltung der Saar bzw. das Heimat- und Lebensrecht der Saarländer als Angehö¬ 
rige der deutschen Kulturnation auf der Grundlage einer materiell gesicherten Existenz 
ausschlaggebend gewesen, sondern auch der Wille, zur Aussöhnung des deutschen mit 
dem französischen Volk beizutragen. In diesem Ausgleich erkannte Hoffmann die aus¬ 
schlaggebende Vorbedingung für sein „oberstes Ziel“, nämlich „ein einheitliches friedlie¬ 
bendes Europa“2 mitschaffen zu wollen, das in einer kommenden regionalistisch orien¬ 
tierten föderativen Ordnungsstruktur endlich das nationalstaatliche Zeitalter mit seinem 
ständigen Völkerhader überwinden sollte3. Hoffmann hat dieses Postulat, das Schicksal 
einer autonomen Saar in den Dienst einer gerechteren und irenischen Europazukunft 
stellen zu wollen, auch schon in seiner Regierungszeit zunehmend für sich in Anspruch ge¬ 
nommen. Selbst wenn man die idealistische Begründung seiner politischen Zielsetzungen 
ohne Argwohn würdigt, so wird man vom objektiven Standpunkt der deutschen Natio¬ 
nalstaatsidee kaum daran vorbeikommen, ihn als Separatisten zu bezeichnen. Dieses 
harte Urteil mag sich relativieren, wenn man weiß, daß Hoffmann aufgrund seines christ¬ 
lich-abendländischen Weltbildes und infolge bitterer Erfahrungen einer zehnjährigen 
Emigrationszeit, die er vorwiegend in Brasilien verbringen mußte, für nationalstaatliche 
Wertkategorien nur noch wenig empfänglich war. Aber solche Erklärungsversuche für 
verlorengegangenen Patriotismus waren für seine zahlreichen Gegner, die sich mit dem 
Austritt des Saarlandes aus dem deutschen Staatsverband nicht abfinden konnten, in den 
Jahren bis 1955 ohne Wert. Sie, die um die nationale Zugehörigkeit der Saar zu Deutsch¬ 
land bangten, fühlten sich verpflichtet, Alarm zu schlagen, und bekämpften die Zielset¬ 
zungen Hoffmanns mitleidlos als irreal, als sittlich verwerflich und manchmal auch als 
Ausdruck einer perfiden persönlichen Haltung4. Für die sogenannte deutsche Opposition, 
1 J. Hoffmann, Ziel, S. 109. 
2 Ebenda, S. 109. 
3 Vgl. im einzelnen die Begründungen ebenda, S. 103 ff. ln diesem Zusammenhang sei auf Hoff¬ 
manns Interview mit der Saarländischen Volkszeitung vom 26. 9. 1952 hingewiesen, in dem er 
nacheinander die vitalen Interessen der saarländischen Bevölkerung,den Beitrag der 
Saar zum deutsch-französischen Ausgleich, die wirtschaftliche Einigung Europas und die Euro- 
päisierung der Saar als Erfüllung unserer Politik nannte. 
4 Erwähnt seien nur die von der Demokratischen Partei Saar besorgten Pamphlete „Joho — das bin 
ich“ und „Wer kaufte Joho? — Dreimal an der Saar“. Nähere Einzelheiten darüber bei H. 
Schneider, S. 378. Vgl. auch dort S. 63 ff. und Bilder Nr. 19 — 21. 
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