Full text: Bildungspolitik im Saarland (14)

erörtern zu können. Anschließend wird die bildungspolitische Entwicklung in der Amts¬ 
zeit des Kultusministers Straus untersucht. 
Aber schon jetzt ist klar erkennbar, daß die saarländische Bildungspolitik nach 1945 im 
Grunde einen zwiespältigen Eindruck hinterläßt. Verursacht wurde er durch eine eigen¬ 
tümliche Spannung, die im Konflikt zwischen französischer Separationsforderung und 
saarländischem Selbstbehauptungs- und Selbstbestimmungswillen ihre Nahrung fand 
und im Bildungsbereich das Bekenntnis zu den organisch gewachsenen deutschen Kultur¬ 
traditionen einschloß. Dieser kaum zu überbrückende Orientierungsgegensatz wird wie 
ein roter Faden das schulpolitische Wollen und Wirken an der Saar bis 1955 durchziehen. 
Dabei wird sich bald zeigen, daß die saarländische Politik im Laufe der Jahre und insbe¬ 
sondere in Bildungsangelegenheiten ein respektables Eigengewicht gewinnen konnte, das 
sie dann aber, als die Auseinandersetzungen um die Saar zwischen Frankreich und der er¬ 
starkenden Bundesrepublik Deutschland offen ausbrachen, wieder einbüßte, weil der 
deutsche Anspruch auf Wiederherstellung der nationalstaatlichen Hoheit sich als stärker 
und glaubwürdiger erwies als der saarländische Autonomismus mit seinem partikularisti- 
schen Selbstgefühl und seinem wirklichkeitsfremd anmutenden Postulat, um der europäi¬ 
schen Idee willen für einen Ausgleich zwischen Frankreich und einem inzwischen geteilten 
Deutschland sorgen zu wollen. 
Im Zuge werdender saarländischer Eigenstaatlichkeit bildete sich die französische Mili¬ 
tärregierung zum Hohen Kommissariat um. Zum Leiter des Secrétariats Général und 
damit zugleich zum Stellvertreter Grandvals wurde Eric de Carbonnei berufen. Das Amt 
eines Directeurs du Cabinet ( = politische Abteilung) übernahm der Elsässer Paul Schwab. 
Henri Gauthier wurde zum Chef du Cabinet Politique und Bernhard Lefranc zum Chef 
de Cabinet bestellt. Die Leitung der Mission Juridique übertrug man Pierre Laurent, der 
Mission Financière stand Jean Dejardin vor. Die Mission Économique, die nun zur domi¬ 
nierenden Abteilung im Hohen Kommissariat aufstieg, erhielt Jean Robert zum Direktor. 
'Directeur des Services de Contrôle wurde Michel Hacg und die Position eines Chefs du 
Service de l’Information erhielt Jacques Dupuy zugewiesen. Die Kulturabteilung, die bis 
zum Jahre 1948 von Jean Babin geleitet wurde, verlor ihren bisherigen Charakter als ei¬ 
genständige Sektion innerhalb des Ressorts Affaires Administratives. Sie wurde als Unter¬ 
abteilung dem Secrétariat Général unterstellt. Damit zeigt sich auch im Organisatorischen 
der Wille Frankreichs zur Selbstbeschränkung im Kulturpolitischen. Zum Nachfolger Ba- 
bins wurde im Sommer 1948 Pierre Woelfflin bestellt. Woelfflin, ein sehr umgänglicher 
Mann, war ein germanistisch gebildeter Elsässer, der den Titel eines Agrégé d’Université 
erworben und vorübergehend als Direktor der Maréchal-Ney-Schule in Saarbrücken fun¬ 
giert hatte, bevor er auf dem Haiberg (Sitz des Hohen Kommissariats) tätig wurde. Die 
hier erwähnte Verwaltungsstruktur der französischen Behörden blieb bis zum Jahre 1955 
nahezu unverändert360. 
360 Nach Aufzeichnungen im Bestand Z Europe 1944 — 1949 juin. Sous - Direktion de la Sarre au 
Quai d’Orsay, Nr. 3 (Ministère des Affaires Étrangères, Archives et Documentation). Stand Juni 
1948. Im Jahre 1949 hatte das Hohe Kommissariat insgesamt 1 014 Mitarbeiter, davon 284 
saarländische. 
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