einen bevorzugten Stellenwert. An allen höheren Lehranstalten249 251 des Saarlandes mußte
diese Sprache vom Schuljahr 1946/47 an 9 Jahre lang als Hauptfach unterrichtet werden.
Auf den humanistischen Gymnasien altsprachlichen Zuschnitts waren außerdem 9 Jahre
Latein und 6 Jahre Griechisch verbindlich, auf den neusprachlichen rückte Englisch an die
Stelle des Griechischen. An den vier höheren Schulen ohne Latein war Englisch zweite
Fremdsprache, es wurde 7 Jahre gelehrt. Während im Bereich der Volksschule das Ziel des
französischen Sprachunterrichts „organisch“ aufgefaßt wurde, worunter Straus das
Einüben von exemples de langage courant250 verstand, fixierte man für den gymnasialen
Französischunterricht als Ziel, que les Sarrois étudiants suivent sans aucune difficulté les
cours bilingues de notre université, et qu’ils sont (!) à même de s’exprimer correctement
en français soit par écrit, soit oralement251. Gerade diese Begründung weist darauf hin,
daß die sprachpädagogischen Intentionen von Straus in Wirklichkeit stark politisch mo¬
tiviert waren; denn die neue saarländische Universität und ihre geplante zweisprachige
Wirklichkeit wurde, wie noch zu berichten sein wird, von ihren Gründern und Gönnern
eindeutig im Zusammenhang mit der Existenz des ins Auge gefaßten autonomen Saar¬
staates gesehen.
10. Die saarländische Schule im Zugriff einer wachsenden Machtbürokratie
Die geplante Fundamentierung einer kommenden saarländischen Staatlichkeit durch eine
eigene Universität führte dazu, daß das Gymnasium aufgrund seines Charakters als hoch-
schulvorbereitende Bildungsstätte schon früh in den Sog von separatistischen Zielset¬
zungen hineingezogen wurde. Auf eine mögliche Politisierung der höheren Schulen in
diesem Sinne deuteten schon die intensiven Bemühungen von Straus hin, alle Gymnasien,
die sich noch in kommunaler oder privater Trägerschaft befanden, in staatliche Hand zu
überführen252. Während im Jahre 1945 noch 14 Gymnasien nichtstaatlich waren, verrin¬
gerte sich ihr Anteil bis 1950 auf vier.253 Obgleich mit dieser Verlagerung der Schulträger-
schaften der Einfluß der Saarbrücker Kultusadministration schon erheblich angewachsen
war, lag dennoch nicht hier, sondern in dem im Jahre 1947 nach französischem Muster
249 Von den 23 höheren Lehranstalten im Saarland waren damals 22 Vollanstalten. 10 von ihnen
waren als sogenannte Doppelanstalten ausgebaut (alt- und neusprachlicher Zweig). 14 Schulen
waren für Jungen, 9 für Mädchen. Von den Knabenanstalten hatten 4 lateinlose Züge und
Klassen, von den Mädchenanstalten führten alle eine dieser sogenannten lateinlosen Oberreal¬
schulklassen. 2 Lehranstalten führten lediglich bis zur Untersekunda.
250 E. Straus, Sarre, S. 122.
251 Ebenda, S. 123.
252 Interview E. Straus vom 25. 11. 1976.
2J3 Vgl. dazu Statistisches Handbuch (Saarland 1952), S. 213.
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