Allein in der Frage der Volksschullehrerbildung folgte die Saarbrücker Militärregierung
zunächst den Weisungen aus Baden-Baden. Am 5. August 1946 wies sie die Schulabtei¬
lung des Regierungspräsidiums an, die Arbeit und Organisation der im Januar 1946eröff-
neten Lehrerbildungsanstalten entsprechend der Verfügung Nr. 71 des Herrn Admini¬
strateur Général Laffon vom 8. 7. 1946 auszurichten211. Ihre Zukunft sollte eine Art
Fachhochschule sein, zu der sich die école normale inzwischen auch in Frankreich entwik-
kelt hatte. Die für die französische Besatzungszone geltenden Vorschriften für Einrich¬
tungen der Lehrerbildung, insbesondere die Bestimmungen über die Auswahl des Lehr¬
personals, Aufsicht, Zulassung von Lehramtsbewerbern, Lehr- und Ausbildungspläne
sowie über den organisatorischen Aufbau der Anstalten mußten also auch an der Saar be¬
achtet werden. Den öffentlichen und konfessionell ungebundenen Charakter der neuen
Lehrerbildungsstätten betonte die Militärregierung nochmals am 23. 11.1946, als sie die
Erziehungsabteilung der Verwaltungskommission aufforderte, die interkonfessionelle
Führung dieser Einrichtungen sicherzustellen. Aus diesem Grunde sei die bisherige
Übung, zu Beginn und am Ende des Unterrichts ein Gebet zu sprechen, sofort einzustellen.
Außerdem sei zu beachten, daß der Religionsunterricht für die Lehramtskandidaten eben¬
sowenig obligatorisch sei wie für die Schüler der höheren Schulen, die den Lehrerbil¬
dungsanstalten prinzipiell gleichgestellt seien212.
Die neuen Bildungsstätten für Volksschullehrer, die in Saarbrücken, Saarlouis, Ott-
weiler213 und Blieskastel214 im Sinne der Militärregierung simultan und koedukativ einge¬
richtet worden waren, hatten im Januar 1946 ihre Arbeit mit vier- bzw. achtmonatigen
Sonderlehrgängen begonnen, ln ihnen wurden berufsbewährte und für geeignet befun¬
dene Bewerber auf den Volksschullehrerberuf vorbereitet. Diese außergewöhnliche Ma߬
nahme war angesichts des damals erschreckenden Lehrermangels dringend geboten. Im
Herbst 1946 setzten dann die normalen sechsjährigen Aufbau- und Studienlehrgänge ein.
Anfang 1947 besuchten insgesamt 737 Schüler die saarländischen Lehrerbildungsan¬
stalten. Davon waren 584 Präparanden (Klasse 1-4) und 153 Lehramtskandidaten
(Klassen 5 und 6). Zu erwarten waren demnach 70 bis 80 neue Junglehrer für die Jahre
1947 und 1948, eigentlich viel zu wenig, um den damals herrschenden extremen Lehrer¬
mangel nachhaltig zu lindern215.
Der Wandel zum konfessionellen Prinzip in der Volksschullehrerbildung vollzog sich an
der Saar im Frühjahr 1947. Am 22. April teilte Straus der Militärregierung mit, daß nun¬
mehr aufgrund der Beschlußfassung der Verwaltungskommission216 vom 18. Januar kon¬
fessionell geprägte Lehrerseminare in Lebach für 350 bis 400 katholische Kandidaten, in
2,1 Militärregierung - Nr. 5826/DAA/EDU - an Schulabteilung. LA Saarbrücken, Bestand KM —
Mk 4783. Vgl. hierzu auch die Anweisung - Nr. 3204/DGAA/EDU - vom 23. 7. 1946 und die
Verordnung der französischen Militärregierung in Baden-Baden - Nr. 3 83/DGAA/EDU - an die
Délégués Supérieurs vom 8. 10.1945 zu Fragen der Volksschullehrerbildung. Ebenfalls Bestand
KM-Mk 4783.
212 Militärregierung - Nr. 6628/DAA/EDU - an Verwaltungskommission (Erziehungsabteilung)
7 vom 23. 11. 1946. LA Saarbrücken, Bestand KM — Mk 4783.
211 Das Lehrerseminar St. Wendel wurde im Oktober 1946 nach Ottweiler verlegt.
214 Das Lehrerseminar Blieskastel nahm erst im Oktober 1946 seinen Lehrbetrieb auf.
215 Zahlenwerte nach Rapport détaille der Éducation Publique innerhalb der Saarbrücker Militärre¬
gierung für den Zeitraum November 1946 bis Januar 1947. LA Saarbrücken, Bestand Han¬
delsamt Saar Nr. 9.
216 Näheres zur Entstehungsgeschichte siehe unten S. 121, Anm. 306.
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