mit den Rheinfestungen Ehrenbreitstein und Philippsburg und die elsässischen Plätze
mit den Rheinübergängen bei Breisach und Straßburg waren während des Dreißigjäh¬
rigen Krieges hier die Objekte gewesen. Aber auch Lothringen war konsequenterweise
in dieses System einbezogen worden worden als Durchmarschgebiet zu diesen Passa¬
gen, und die Eingliederung elsässischer Gebiete in den französischen Herrschaftsbe¬
reich im Westfälischen Frieden war dann ein bleibendes Resultat geworden. Aber
während hier in erster Linie doch wohl noch strategische Gesichtspunkte eine Rolle
gespielt hatten — vor allem auch, soweit dies den Ansatz der Richelieu’schen Rhein¬
politik betrifft (eben die Beherrschung und Durchbrechung dieser für Spanien vitalen
Nord-Südachse), so tritt doch schon bald nach dem Westfälischen Frieden die politi¬
sche Funktion des rheinischen Raumes in den Vordergrund. Das Stichwort ist hier die
Rheinbundpolitik11, und dieses Stichwort kennzeichnet die erste Phase der französi¬
schen Rheinpolitik während des hier zu behandelnden Zeitraumes.
In dieser sich über rund 15 Jahre erstreckenden Phase seit der Mitte der fünfziger
Jahre handelte es sich für Frankreich darum, die seit der rheinischen Allianz zwischen
Kurköln, Kurtrier, Münster und Pfalz-Neuburg bestehenden Assoziationsbestrebun¬
gen im rheinischen Raum in die französische Politik gegenüber Habsburg und dem
Reich mit einzubeziehen. So sollte auf der Grundlage der westfälischen Friedensgaran¬
tien hier eine neutrale Zone entstehen, die eine Unterstützung der Spanier in den
Niederlanden durch den Kaiser oder andere Anhänger im Reich verhinderte und
damit eben eine französische Politik förderte, die in einem gesamthabsburgischen
System unter spanischer Führung die größte Bedrohung Frankreichs und Europas er¬
blickte.
Natürlich spielte hier der rheinische Raum auch als mögliches Durchgangsgebiet bei
eventuellen militärischen Aktionen eine Rolle. Aber darauf beschränkte sich gerade
während dieser fünfziger Jahre seine Bedeutung keineswegs. Die Gefahr einer Habs¬
burger Universalmonarchie wurde auch im Verbleiben der Kaiserwürde beim Hause
Habsburg gesehen, und hier nun bekam eine französische Anhängerschaft der rheini¬
schen Kurfürsten ihr ganz besonderes politisches Gewicht. Der Tod des jungen römi¬
schen Königs Ferdinand IV. 1654 und der Tod Kaiser Ferdinand III. 1657 gaben die
Anlässe dafür, daß mehrere Jahre lang die Nachfolgefrage im Vordergrund des Inter¬
esses stand. Mit der Drohung, daß eine Habsburger Nachfolge auf dem Kaiserthron
den spanischen Einfluß im Reich vergrößere, die Freiheit der Stände gefährde und vor
allem auch einen neuen Krieg unausweichlich mache, von dem gerade auch die rheini¬
schen Staaten in Mitleidenschaft gezogen werden mußten, versuchte die französische
Diplomatie an den rheinischen Kurhöfen deren spezifische Interessenlage und deren
Einflußmöglichkeiten im Kurkolleg gegen eine habsburgische Kandidatur zu mobili¬
sieren und damit also die territorialen Bedingungen wie auch die reichspolitischen
Funktionen der rheinischen Staaten mit den französischen Interessen zu verbinden12.
11 Vgl. dazu die Literaturangaben in Rheinische Geschichte, Bd. 2, S. 354.
12 Bezeichnend hierfür die Instruktion für Robert Gravel vom 27. Oktober 1657, wonach dem
Trierer Kurfürsten klargemacht werden soll, es bedeute eslire la guerre que d’eslire un prince
d’une maison qui l'a commencée de tous costés, und que de tous les princes qui composent
l’Empire, il n’y en a pas un qui ayt plus d’intérest que luy à la conservation de la paix et dont
les Estais, si elle venoit à se rompre, soient plus exposés que les siens (Recueil des Instructions,
XXVIII/3, Trêves, par Georges Livet, S. 44—50, hier S. 46 f.).
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