terrain zu denken24. „Génie“ bewies Vauban ferner mit der Verbindung der einzelnen
Festungen durch meist dem Verlauf von Flüssen und Kanälen folgende, auch der
Nachschubsicherung dienende, zum Teil durch ständige Feldbefestigungen verstärkte
lignes, hilfreich bei Grenzsicherung und Verteidigung zumal in den letzten Jahren des
Spanischen Erbfolgekrieges, mit den camps rétranchés, einer revolutionären Neue¬
rung, die als der erste Schritt auf dem Wege zum Bau von Festungen mit detachierten
Forts gelten kann, bewährt im Krisenjahr 1706 bei der Vereitelung eines vom Feind
geplanten Landungsunternehmens gegen Dünkirchen,25 sowie mit der Konstruktion
eines Vorläufers der Mitrailleuse und des als Ersatz der Pike gedachten baionette à
douille, erstmals genutzt in einer attaque à baionette 1693 vor Charleroi. Erwähnung
verdienen hier ferner seine Forderung, die wenig treffsichere Luntenschloßmuskete
durch die Steinschloßflinte zu ersetzen und von den kaiserlichen Truppen die in den
Türkenkriegen bewährten „spanischen Reiter“ zu übernehmen26, die Einführung des
von ihm nach gründlichen, seit 1672 schon betriebenen ballistischen Studien und
praktischen Versuchen als leistungsfähig erwiesenen tir à ricochet bzw. tir indirect, im
Kampf erstmals erprobt 1688 vor Philippsburg, im großen Stil und mit großem Erfolg
genutzt 1697 bei der glanzvollen und für die Perfektion seiner Theorie vom Angriff
gegen feste Plätze bedeutsamen Belagerung von Ath27, und schließlich seine zahlrei¬
chen kritischen und ergänzenden Beiträge zur Entwicklung eines zerlegbaren und gut
transportablen Brückengeräts, zur Erhöhung der Beweglichkeit von Geschützen auf
den Straßen und im Gelände sowie zur Verbesserung der Manövrierfähigkeit von
Galeeren28. Diese Liste von Erfindungen und sonstigen Innovationen — gerichtet auf
eine Maximierung der technischen Effizienz, unter Beachtung des ökonomischen Prin¬
zips bei Nutzung der verfügbaren Kräfte — ließe sich lange noch fortsetzen, so mit
dem Vorschlag, allen Soldaten eine tägliche Tabakration zu gewähren, und mit seinen
detaillierten wie kenntnisreichen Empfehlungen für eine zweckmäßige und zugleich
kostengünstige Uniformierung und Verpflegung, dabei auch ein Rezept für eine, wie
er meinte, gleichermaßen billige, einfach zuzubereitende und doch schmackhafte soup
au bled29.
Ferner verdient Vauban den ehrenvollen Titel eines „ingénieur de France“, weil
niemand mehr als er für Aufstellung und Ausbildung der von Ingenieuroffizieren
geführten technischen Spezialtruppen getan hat, von compagnies de mineurs, de sa¬
peurs und de pontoniers30, sowie für die gleichfalls als technische Truppe einzustu-
24 Vauban II, S. 24, I, S. 119, 125 ff.; vgl. Rebelliau, S. 440. Literatur zum Bastionärsystem
bei Jäh ns I, S. 774 ff. (Italiener), S. 822—831 (D. Speckle), II, S. 1135 ff. Zur fortifikatori-
schen Leistung Speckles s. auch Karl Gr über, Die Geschichte der deutschen Stadt, 2. A.,
München 1976, S. 141.
25 Vauban I, S. 140 ff., II, S. 91, 388, 552. Zu den lignes s. Zeller, S. 108, zu den camps
rétranchés, S. 114; vgl. Rebelliau, S. 443.
26 Vauban II, S. 284 ff., 288, 396.
27 Vauban II, S. 78. Hierzu Müller, S. 24, 29 f. sowie Jäh ns, S. 1421.
28 Dazu Vauban II, S. 73. (Brückengerät), S. 424 (Galeeren).
29 Vauban I, S. 285 f. Dazu Weygand, S. 154.
30 S. bes. die Denkschrift Projet pour une compagnie de sapeurs (Vauban I, S. 312 ff,), ferner
zahlreiche mehr oder weniger ausführliche diesbezügliche Hinweise in Briefen (Vauban II,
S. 74, 76, 84, 127, 249, 272, 400). Schon in den Jahren 1659/60, als Vauban in Toul im
Regiment La Ferté-Sennetère, seit 1685 R. de la Sarre, diente, hat er eine compagnie de
sapeurs formiert (Vauban I, S. 312 Anm.).
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