Full text: Beiträge zur Geschichte der frühneuzeitlichen Garnisons- und Festungsstadt (13)

nicht über den Rhein hin aus gegangen. Diese interessanten Städte sind zum Teil zu¬ 
gleich auch radiale Anlagen, die Herr Eimer schon in seinem ersten großen Werk 
behandelt hat. Charleroi, als Festung gegründet, hat sich, wie eine große neue belgi¬ 
sche Untersuchung zeigt, später zu einem höchst interessanten, man kann sagen, pro- 
toindustriellen Zentrum in der Kleineisenindustrie entwickelt. Hier handelt es sich 
zweifellos um eine Städtegruppe, die man innerhalb Europas heraussteilen muß. Be¬ 
züglich Punkt 1 und 2 sind wir weitgehend der gleichen Meinung. Herr Joset hat voll¬ 
kommen recht: Schon in der spätmittelalterlichen Phase der Territorien haben die vil¬ 
les neuves den Charakter befestigter Stützpunkte, sind Zeichen territorialer, landes¬ 
herrlicher Machtentfaltung, die sie zu Vorläufern der späteren großen Festungen 
machen. Dankbar bin ich auch für die nochmalige Unterstreichung der Bedeutung des 
Organisatorischen bei der Artillerie. Ich habe vielleicht zu ausschließlich vom techni¬ 
schen Fortschritt gesprochen, aber die Artillerie ist ja zweifellos auch eine organisato¬ 
rische Aufgabe. — Für das Beispiel Schorndorf bin ich Herrn Zeyher sehr verbunden. 
Ich muß gestehen, die Bedeutung dieser Festung war mir nicht bekannt, und ich regi¬ 
striere mit besonderer Befriedigung, daß bei der kriegsentscheidenden Rolle auch die 
Frauen einen Anteil gehabt haben. — Der von Herrn Leiser geäußerte Gedanke, daß 
beim Festungsbau Prestige im Spiel war, liegt sicher nahe. Die von mir gewählten 
Beispiele von Festungsbauten sind allerdings doch durch sehr konkrete Anlässe verur¬ 
sacht. Was die irrationalen Momente in der Kriegführung betrifft, so glaube ich, daß 
man doch die Verschiedenartigkeit der Armeen und der Kriegführung im 17./18. 
Jahrhundert einerseits, in der Zeit nach der Französischen Revolution andererseits im 
Auge behalten muß. Wir haben es im 18. Jahrhundert nicht selten mit einer sehr dis¬ 
ziplinierten, dosierten, bewußt nicht immer aus rein humanitären Gründen, sondern 
aus praktischen Gesichtspunkten die Truppe schonenden Kriegführung, eben Kabi¬ 
nettskriegen zu tun. Nach der levée en masse, nach Napoleon, entwickelt sich die 
ganze Kriegführung sehr viel anders. — Herrn Petter danke ich sehr für den Hinweis 
auf Wien, wo nun wirlich das Schicksal des Abendlandes mit vom Durchhaltevermö¬ 
gen der Festung abhing; das negative Beispiel wäre der Fall Konstantinopels. — Frau 
Stilz danke ich sehr für ihren wichtigen Beitrag über Saarlouis, das ich bewußt ausge¬ 
klammert hatte. — Sehr interessant war der Hinweis von Herrn Koltz auf die Zivil¬ 
standsregister der Militärgemeinden; es gibt auch Kirchenbücher von Militärgemein¬ 
den. Hier liegen natürlich beste Möglichkeiten, zu der notwendigen demographischen 
und sozialgeschichtlichen Erweiterung unseres Wissensstandes zu kommen. — Herr 
Roslanowski hat sehr richtig noch einmal betont, daß die Festung auch ein politischer 
Faktor ist und daß natürlich ein Unterschied zwischen der befestigten Hauptstadt und 
einer Festung schlechthin besteht. Bei der Hauptstadt spielt das emotionale Moment 
eine große Rolle, weil die Hauptstadt sozusagen Symbol der Widerstandskraft des 
Landes ist. Die Frage nach den mittelalterlichen Städten ohne Mauer ist sehr interes¬ 
sant. Im Raum zwischen Elbe und Seine sind fast alle mittelalterlichen Städte befestigt. 
Aber es gibt die offenen Märkte im Südosten, die sich in mancher Hinsicht von der 
Stadt unterscheiden; sie sind zum Teil befestigt, zum Teil nicht befestigt. Auch in 
Norwegen gibt es offene Städte. Auf jeden Fall scheint das Phänomen der unbefestig¬ 
ten Städte mehr die europäischen Randlandschaften zu betreffen; es ist eine Frage, die 
wir in der Quantität noch nicht voll übersehen. 
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