Full text: Beiträge zur Geschichte der frühneuzeitlichen Garnisons- und Festungsstadt

Rücken der deutschen Armeen benutzte. Außerdem hat sich ja in der zweiten Phase 
dieses Kriegs von 1870/71 die deutsche Armee um Paris konzentriert, Paris belagert 
und versucht, es zu Fall zu bringen; man versprach sich davon die Kriegsentscheidung, 
und die Operationen nach Süden und Westen hin waren im Grunde nur Absicherung 
der Belagerung. — Noch eine ganz kurze Bemerkung zu der Schlußfrage von Frau 
Ennen: Ich möchte daran erinnern, daß im 17. Jahrhundert, das hier eine besondere 
Rolle spielt, zwei Festungen wirklich kriegsentscheidende Bedeutung hatten, indem sie 
sich zum Angelpunkt des Geschehens entwickelten. Offensiven liefen sich an ihnen 
fest, und die Gegenoffensive hat sich jeweils daran entwickelt: Ich meine Stralsund 
1629 und Wien 1683. Das sind doch Ereignisse von sehr eminenter Bedeutung, die 
das Prinzip der Festung als solcher zumindest für diesen Zeitraum rechtfertigen. 
Werner Habicht, Neunkirchen: Die Beispiele, die eben aufgezählt worden sind, 
müßten um das besonders tragische Beispiel Verdun ergänzt werden, um das ganze 
Ausmaß des Festungswesens auch der jüngeren Zeit zu erfassen. Zur Frage der Umge¬ 
hung von Festungen möchte ich daran erinnern, daß man nach dem strategischen 
Standort von Festungen fragen muß, insbesondere aber nach der Verkehrsqualität 
bzw. der Verkehrssituation überhaupt. Wir sind heute nur unzureichend in der Lage, 
uns über die Unzulänglichkeiten des Verkehrswesens in der frühen Neuzeit ein rechtes 
Bild zu machen. Wenn wir Brücken des 16. oder des frühen 17. Jahrhunderts zu Ge¬ 
sicht bekommen und sehen, wie schmal und zerbrechlich sie sind, dann kann man erst 
ermessen, wie schwierig, mühsam und kostspielig es doch offenbar war, Straßen anzu¬ 
legen. Unsere Vorfahren haben unter der Chauseefron noch im 18. Jahrhundert ge¬ 
stöhnt. Wenn wir die geringe Zahl von Straßen, die überhaupt existierten, in den Blick 
nehmen, dann erkennen wir die Bedeutung von Festungen, die eben an wichtigen 
Flußübergängen, an Bündelungen von Verkehrswegen errichtet wurden und dort eine 
große strategische Bedeutung für Vormarsch und Sicherung der Versorgung hatten. 
Margot Stilz, Wadgassen: Ich möchte ein Beispiel anführen, das sich auf die Fe¬ 
stung Saarlouis im spanischen Erbfolgekrieg bezieht. 1705 hatte sich der französische 
General Villars bei Sierck ein festes Lager geschaffen, und Marlborough zog von den 
Niederlanden mit 40 000 Mann durch die Eifel in Richtung Saarlouis. Der große 
Gesamtplan war, in Frankreich einzumarschieren. Villars, der nur über 28 000 Mann 
verfügte, hatte sich bei Sierck eingeigelt. Marlborough versuchte, Villars herauszulok- 
ken; denn dieser schützte ja die drei Festungen Luxemburg, Diedenhofen und Saar¬ 
louis, um im Notfall eingreifen zu können. Marlborough selbst zog in.das Umfeld von 
Saarlouis; und was tat Choisy, der Kommandant der Festung? Er schloß die Schleu¬ 
sentore, und das Umfeld von Saarlouis stand unter Wasser. Marlborough blieb einige 
Wochen in der Umgebung; infolge des Wassers gab es Fieberfliegen und Seuchen in 
seinem Heer, und vor allen Dingen war die Umgebung bald leergefressen. Villars, der 
wußte, daß Saarlouis durch das Wasser in sicherer Hut war, blieb in seiner befestigten 
Stellung. Was blieb Marlborough anderes übrig: Er mußte sich zurückziehen, zog in 
die Niederlande und errang dort seine Siege, wie Malplaquet usw. Hier war es wirk¬ 
lich eine Festung, die einen großen Plan zerstört hat. 
Jean Pierre Koltz, Luxemburg: Ich darf auf zwei Punkte hinweisen: Festungsge¬ 
schichte bieten vor allem auch die Standesämter, der Zivilstand der Militärgemeinden. 
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