Full text: Beiträge zur Geschichte der frühneuzeitlichen Garnisons- und Festungsstadt (13)

1792/93 zu einem starken Fort ausbauten. Auch die außenpolitische Bedeutung der 
Festung war nicht unbedingt positiv zu bewerten. Sie zog automatisch den Gegner an, 
sie konnte den Kurfürsten leicht von seinen Verbündeten abhängig machen und 
zwang den Kurstaat, 90 Prozent seiner Truppen in Mainz zu konzentrieren. Die wirt¬ 
schaftliche Belastung, die Nachbarstaaten, das Umland und die Bürgerschaft zu tragen 
hatten, war enorm. Vor allem im Krieg war das Leben der Bürger in der Festung ein¬ 
geengt durch Sicherheitsbestimmungen, Übergang der Polizeigewalt an das Militär, 
Heranziehung zu Schanz- und anderen Arbeiten. Auch die Dörfer um Mainz mußten 
Einquartierungslasten tragen, Fourage- und Lebensmittellieferungen erbringen, Ar¬ 
beitskräfte stellen; aus größerer Entfernung kamen die Holzlieferungen. Die ursprüng¬ 
lich übliche Bezahlung wurde seit 1796 durch reine Requisition ersetzt. Das schon 
genannte Werk von Lautzas behandelt die Beziehungen Festungsstadt — Umland — 
Hinterland und die Belastungen der Zivilbevölkerung und die Rechte des Militärs in 
der Stadt detailliert und quantifizierend35. 
Die durch Heiraten und Erbfälle zustandegekommene Großstaatbildung am Nie¬ 
derrhein war eine Quelle kriegerischer Verwicklungen, die immer wieder zu europä¬ 
ischen Krisen auszuufern drohten. In diesen Zusammenhang gehören die Festungen 
Jülich und Düsseldorf. Die Finanzierung der Landesverteidigung war seit dem Jülich- 
klevischen Erbfolgestreit, der die Macht der Stände befestigt hatte, gesichertes Recht 
der jülich-bergischen Landstände. Die Größe der Festungsanlagen und die Verteilung 
der Baupflicht auf das ganze Herzogtum machte eine besondere Organisation des 
Festungsbaues und seiner Verwaltung erforderlich. Herzog Wilhelm dem Reichen 
gelang es, Alexander Pasqualini aus Bologna36, der im Dienst der Grafen von Egmont 
stand, 1549 als „Baumeister aller herzoglicher Lande“ zu gewinnen; seine Söhne und 
Enkel sind bis 1615 Landesbaumeister von Jülich-Berg gewesen. Ihnen unterstanden 
Burggrafen, örtliche Baumeister und Bauschreiber. Die Baumeister waren im 17. Jahr¬ 
hundert keine Handwerker mehr, sondern Ingenieure. Im 16. Jahrhundert bewachten 
in Düsseldorf noch die Bürger selbst ihre Stadt, zu Anfang des 17. Jahrhunderts trat 
das Berufsmilitär neben die Bürgerwehr. Seit 1610 hatte Düsseldorf einen ständigen 
Gouverneur. 1617 kamen hier auf etwa 4 400 Einwohner 1722 Einquartierungsbe¬ 
rechtigte, Frauen und Kinder einbeschlossen. Dieser unerträgliche Zustand wurde 
durch den Bau von Baracken und Kasernen etwas gemildert. Im 18. Jahrhundert be¬ 
stand die Düsseldorfer Garnison in der Rege! aus drei Regimentern Infanterie, einem 
Kavallerieregiment, der Artilleriekompanie und dem Ingenieurkorps. Die Iststärke der 
Garnison entsprach aber nicht immer dem Soll. Nach Berichten von 1739 und 1744 
war die Festung mit Munition und Geschütz wohl versehen. Aber 1758 erzwang nach 
dem Sieg bei Krefeld der auf dem linken Rheinufer gegenüber Düsseldorf stehende 
General des Herzogs von Braunschweig nach kurzer Beschießung die Kapitulation. 
Auch 1795 mußte Düsseldorf kapitulieren. Die Schleifung der Festung gab die Mög¬ 
lichkeit einer großzügigen Städtebaukonzeption. 
35 Wie Anm. 6. 
Dorothea Herkenrath, Maximilian Pasqualini und seine Familie (1534—1572), in: Rhein. 
Lebensbilder Bd. 2, Düsseldorf 1966, S. 109—124. 
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