ohne Zitadelle usw.; es hat aber wahrscheinlich wenig Sinn, alles bis ins letzte per
definitionem festzulegen. Noch ein Wort zu den Quellen: Wir sollten bei unserer
Arbeit eines nicht vergessen, nämlich daß ein Großteil der Quellen idealisierte Vorstel¬
lungen sind. Ich habe in einem meiner Bücher versucht festzustellen, in welchem
Verhältnis theoretische Vorstellung auf der einen Seite und die Umsetzung in die Rea¬
lität auf der anderen Seite zueinander stehen. In aller Schärfe formuliert lautet meine
These: Es gibt in ganz Europa keine dem ursprünglichen theoretischen, idealisierten
Plan exakt im Detail folgende und so ausgeführte Festungsstadt. Während eine
Festungsstadt gebaut wird, läuft die Entwicklung des Kriegswesens weiter; man sieht
das bei Schorndorf sehr deutlich, für München hat Betz die Entwicklung beschrieben
und in Wien hat man, wie neuere Untersuchungen zeigen, während man noch damit
beschäftigt war, das neue Bastionärsystem einzubeziehen, an einer anderen Stelle be¬
reits aufgrund neuester Erfahrungen wieder umgebaut. Das gilt nicht unbedingt für
kleinere befestigte Plätze. Ich möchte also warnen: Die häufig schön gezeichneten
Pläne aus dem 16. bis 18. Jahrhundert sind eben nur Pläne und stellen nicht unbedingt
die Realität dar.
Hans-Walter Herrmann, Saarbrücken: Auf dieser Tagung haben meines Wissens
Historiker zum ersten Mal die Festungsstadt in den Mittelpunkt ihrer Erörterungen
und Diskussion gestellt und sie von verschiedenen, noch keineswegs von allen denkba¬
ren Blickpunkten aus beleuchtet und schließlich die Definition der Festungsstadt als
eigenen frühneuzeitlichen Stadttyp versucht. Er erscheint mir wichtig, dies als Ergeb¬
nis festzuhalten. Herr Fehn hat in der Schlußdiskussion einen Katalog zu beantwor¬
tender Fragen vorgetragen, er läßt sich noch ergänzen. Ich möchte hier den Wunsch
nach bevölkerungsgeschichtlichen Untersuchungen hinzufügen, der im Laufe der
Tagung schon geäußert wurde. Woher kamen die Bewohner der neugeschaffenen
Festungsstädte, aus der Umgegend oder aus dem gesamten zugehörigen Territorium
oder auch aus fremden Territorien und entlegenen Provinzen? Welcher Anteil kommt
den Schweizern zu? Welche Rolle spielt eine Zwangsumsiedlung? Gerade hier in Saar¬
louis drängt sich die Frage auf: Kamen die Saarlouiser Bürger wirklich vorwiegend,
wie mehrfach in der Literatur nachzulesen, aus Wallerfangen?
Bei zwanglosen Gesprächen am Rande der Tagung ist mehrfach vorgeschlagen
worden, die intensive Beschäftigung mit der Festungsstadt, wie wir sie in diesen Tagen
betrieben haben, fortzusetzen, sich in mehr oder weniger regelmäßigen Zeitabständen
unter dem Forschungsthema „Festungsstadt“ zu treffen und für diese Treffen viel¬
leicht auch eine Organisationsform zu finden. Ihrem Beifall entnehme ich ihre Zu¬
stimmung. Wir wollen in den nächsten Monaten über die Möglichkeit weiterer
festungsgeschichtlicher Kolloquien nachdenken mit dem Ziel, uns in ein, zwei oder
drei Jahren wieder in einer Festungsstadt zur Fortführung unserer Referate und Dis¬
kussionen zusammenzufinden. Dann sollte auch die Brücke zur Denkmalpflege und
anderen an der Festungsstadt interessierten Fachrichtungen, die in diesen Tagen nicht
zu Wort gekommen sind, geschlagen werden.
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