Full text: Beiträge zur Geschichte der frühneuzeitlichen Garnisons- und Festungsstadt

Im Schluß seines Schreibens verweist das Domkapitel auf sein verbrieftes Recht, in 
Fällen mitzuentscheiden, die erzstiftische Liegenschaften betreffen. Hier schimmert der 
Verfassungskonflikt des 17. Jahrhunderts durch, der 1650 im Binger Rezeß mit einem 
vollständigen Sieg der Stände und des Domkapitels über die absolutistischen Bestre¬ 
bungen des Kurfürsten Philipp Christoph von Soetern beendet worden war17. Hatte 
damals der Kaiser als schlichtende Instanz geholfen, so verspricht sich das Domkapitel 
auch diesmal von einer Beschwerde in Wien den Erfolg. Entsprechend gereizt reagiert 
der Kurfürst, der den Trierer Kapitularen zunächst die historische Lektion erteilt, daß 
der herangezogene Passus im Westfälischen Friedensvertrag allein schon deshalb kei¬ 
nen Bezug auf die Koblenzer Festung haben könne, weil sie damals noch gar nicht 
bestand. Die entsprechende Bestimmung sei auf die Festung Ehrenbreitstein und auf 
Hammerstein zu beziehen18. Die mehreren hunderttausend Reichstaler Subsidien, die 
Kaiser und Reich zu Ende des 17. Jahrhunderts und ab 1726 für die Koblenzer 
Befestigungen gezahlt haben, verschweigt der Kurfürst allerdings19. 
Ist der nun einsetzende diplomatische Schriftverkehr20 seitens des Kurfürsten in der 
Hauptsache darauf ausgerichtet, eine gewisse Solidarität der absolut regierenden Für¬ 
sten zu erringen, wenn vom Versuch der Korregentschaft durch das Domkapitel und 
von Störung in der Ausübung landesherrlicher Befugnisse gesprochen wird, so erlan¬ 
gen wir doch auch wichtige Hinweise über den Zustand der Festung Koblenz. Sie wird 
insgesamt als untauglich bezeichnet, weil die weiterentwickelte Artillerie unterdessen 
in der Lage sei, von der Karthäuser Höhe im Süden der Stadt die gesamte 
Festung zu beherrschen. Auch im Norden der Stadt, jenseits der Mosel gibt es mit dem 
Petersberg bei Bubenheim eine beherrschende Geländehöhe. Rhein- und Moselseite 
sind unbefestigt, wenn auch von der Feste Ehrenbreitstein gedeckt21. Seit den 1730er 
Jahren sei an den Werken keine Verbesserung mehr vorgenommen worden. Jährlich 
müßten mehrere tausend Reichstaler hineingesteckt werden, um ihren Einsturz zu 
verhüten. Kasematten und Minen seien ohnehin schon vergangen. Über das Glacis 
erstrecke sich unterdessen, so der Bericht weiter, ein Wald von fruchtbaren Bäumen 
und viele [mit] Gebäuden besetzte Gärten, die allesamt beseitigt werden müßten, 
wolle man den Platz nur für kurze Zeit verteidigungsfähig machen. Setze man aber die 
intakte Festung voraus, so sei das einzige inkomplette Regiment, über das Kurtrier 
verfüge, für eine Verteidigung zahlenmäßig nicht ausreichend, zumal man noch die 
Feste Ehrenbreitstein zu besetzen habe. Diese aber halte man auch weiterhin instand. 
17 vgl. Richard Laufner, Die Landstände von Kurtrier im 17. und 18. Jh. in: Rhein. Viertel- 
jahrsbll. 32, 1968, S. 296 f. 
18 vgl. Karl Zeumer (Hsg.), Quellensammlung zur Geschichte der Deutschen Reichsverfassung 
in Mittelalter und Neuzeit, Tübingen 21913, 2. Teil., Nr. 198 1PM, S. 434 ff., hier S. 436 
19 Die Kunstdenkmäler der Stadt Koblenz. Die profanen Denkmäler und die Vororte, bearbeitet 
von Fritz Michel (Die Kunstdenkmäler von Rheinland-Pfalz, 1. Bd.), o. O. 1954, S. 59 
und 62. 
20 LHA Koblenz 1 C 2216, ausgewertet in von der Dollen, Koblenzer Neustadt (s. o. Anm. 15), 
S. 128 ff. 
21 Tatsächlich hat Preußen auf den genannten Höhen die ersten Sperrforts angelegt, als es nach 
1815 mit dem erneuten Ausbau der Festung Koblenz begann. Kunstdenkmäler der Stadt 
Koblenz (s. o. Anm. 19), S. 67 ff. 
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