Full text: Beiträge zur Geschichte der frühneuzeitlichen Garnisons- und Festungsstadt

Ratgebern an seiner Seite bei ähnlichen Malereien verbeten24. Im Zeitalter des Absolu¬ 
tismus wächst hingegen nicht nur die Anzahl, sondern auch das Selbstbewußtsein der 
aktiv oder beratend mitwirkenden Planungskräfte. Vauban wie auch sein bedeutender 
schwedischer Kollege Dahlberg gewannen als politische Persönlichkeiten im Staate 
ständig an Gewicht, der Ruf ihrer Unentbehrlichkeit ließ einen Widerspruch gegen 
ihre pointierte Ansicht nicht mehr zu25. Dennoch kommt es zur Delegierung wichtiger 
Aufgaben. Viele Pläne werden von Dahlberg wie von Vauban nur in ihrer Eigenschaft 
als Chef signiert, gezeichnet und meist auch entworfen haben andere unter höherer 
Aufsicht. Als Illustration hierzu wählt man am besten den Stich von der Präsentation 
der Pläne für Landau vor Ludwig XIV. Von einem servilen Benehmen des Planers wie 
auf vielen Malereien des Cinquecento ist keine Spur mehr da, trotz der Prachtentfal¬ 
tung in der Szene. Dennoch kommt es nicht zu einer Bevormundung vergleichbar mit 
der Rolle des Technokraten in der Stadtplanung des 19. und 20. Jahrhunderts, selbst 
bei der Konsultation von Deichbauern und Gezeitenfachleuten tritt niemals ein Über¬ 
gewicht der Techniker hervor, selbst wenn man dadurch schwere Fehler in Kauf 
nahm. 
Die Militärbaukunst begann schon in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts in der 
Architektenausbildung einen unverrückbaren Platz neben Vitruv und Palladio einzu¬ 
nehmen, ihr didaktischer Wert schon allein für metrische Übungen stand in der Praxis 
außer Frage, für viele Lehranstalten gehörte sie neben einfacher Arithmetrie zum 
Grundwissen. Die Unterscheidung in die Sparten Militär- und Zivilingenieur gehört 
erst dem fortgeschrittenen 18. Jahrhundert an. Eine genauere Erforschung der Inge¬ 
nieurausbildung würde sicherlich zur Aufhellung des Hintergrunds zahlreicher nam¬ 
hafter Architektenpersönlichkeiten beitragen und dies nicht nur für den biographi¬ 
schen Belang. Schon allein als Bildungsmodell hat also die Festungsbaukunst eine 
Rolle gespielt, die nicht groß genug veranschlagt werden kann. Neben der im barok- 
ken Gestalten wirksamen Dynamik und ihrem Vitalismus würde man bei angemesse¬ 
ner Berücksichtigung dieses Bildungsfaktors auch die Fortifikationsgeometrie und 
-mathematik „als barocke Verhaltensform“ in die kunstgeschichtliche Interpretation 
einbringen müssen26. 
Nach der Beendigung der großen Kriege des Absolutismus bemerken wir umfas¬ 
sende Resozialisierungsprogramme für technisch kundige Offiziere, deren Ausmuste¬ 
rung nicht zu umgehen war. Diesem Umstand verdankt z. B. Schweden seine hervor¬ 
ragende Landesvermessung nach dem Dreißigjährigen Krieg, aus der auch mehrere 
bemerkenswerte Stadtplaner hervorgegangen sind:27 In den Zeichensälen bei den 
24 Vasari, Ausgabe von Milanesi, Bd. VIII, S. 216 f; N. Rubinstein, Vasari’s Painting of 
the Foundation of Florence, Festschrift Wittkower, Essays on Architecture, S. 64 ff; 
G. Thi em, Vasaris Entwürfe für die Gemälde in der Sala Grande des Palazzo Vecchio, in: 
Zeitschrift für Kunstgeschichte 23, 1960, S. 97 ff. Wolfram Prinz bin ich für kollegiale Hilfe in 
dieser Sache verbunden. 
25 Philippe Truttmann, Ansehen und Einfluß der Festungsingenieure im Zeitalter König Lud¬ 
wigs XIV., in: Ausstellung Saarlouis 1680-1980. Entstehung und Entwicklung einer Vauban- 
schen Festungsstadt, Städtisches Museum Saarlouis, Katalog, Saarbrücken 1980, S. 21-31. 
6 Henning Eichberg, Geometrie als barocke Verhaltensform. Fortifikation und Exerzitien, in: 
Zeitschr. für historische Forschung 4, 1977, S. 17-50. 
27 Gerhard Eimer, siehe Anm. 19, S. 29-30, 410-411(Die Landmesser in der Stadtplanung); 
für die Verhältnisse in Frankreich vgl. J. Güttin,Vauban et le corps des ingénieurs militaires, 
Paris 1957. 
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