bürgertums“'^. Die wenigen sozialen Forderungen verlangten den ,,Schutz der natio¬
nalen Arbeit“10 11 12. Aus diesem Rahmen fiel lediglich der ,,Ruf der Versöhnung an das
deutsche Volk“, eine Petition an den Fünfziger-Ausschuß vom April 1848, die sozialre-
formerische Gedankengänge des ,,wahren Sozialismus“ von Moses Hess und Karl
Grün enthielt. Fußend auf den Grundsätzen der französischen Revolution erblickte
man im Namen der ,,deutschen Arbeiter“ zwar ,,das Privateigentum als heilig und un¬
verletzlich“, erkannte jedoch in dessen Vererbung die Wurzeln sozialen Elends und
forderte: ,,Die Unterschiede der Geburt sollen verschwinden, die Erblichkeit der
Staatsämter, des Adels, des Vermögens soll aufhören und der Staat eine einzige große
Reichsfamilie bilden“'1. Der ,,Ruf der Versöhnung“ beabsichtigte mit dieser Forde¬
rung ,,keine Kriegserklärung“, sondern verstand sie als Präventivmaßnahme: ,,Nur
dann ist es möglich, die Ruhe und Gesetzlichkeit unter den bisher unterdrückten Klas¬
sen wieder herzustellen und die Achtung vor dem Privateigentum noch länger aufrecht¬
zuerhalten“11. Verfasser war der Berggeschworene Julius von Sparre, wie aus seiner
Erklärung hervorgeht, in der er sich gegen den ,, Vorwurf des Kommunismus“ zur
Wehr setzte14 15. Die Petition trug etwa 300 Unterschriften, meist von unständigen Berg¬
arbeitern, die infolge der Wirtschaftskrise abgelegt waren und beim Bau der Eisenbahn¬
strecke Saarbrücken-Neunkirchen Beschäftigung gefunden hatten13. Von dieser Grup¬
pe ging wohl auch die tumultartige Demonstration in Neunkirchen am 12. Mai 1848
aus. Ungefähr 150 Eisenbahnarbeiter, durchweg unständige Bergleute, rotteten sich
zusammen, um eine Lohnerhöhung zu erzwingen. Als sie drohend vor das Büro der
Bauleitung zogen, alarmierte man die Neunkircher Bürgerwehr. Einige Anführer der
Streikenden erhielten Gefängnisstrafen, die Bewegung wurde unterdrückt16. Anson¬
sten ist nur noch ein weiterer Streik der Saarlouiser Buchdrucker im August 1848 über¬
liefert17.
Von diesem Ausstand erhielt wohl auch die erste gewerkschaftliche Organisation ihre
Impulse: 1851 bildete sich ein Buchdruckerverein mit Sitz in Saarlouis und Zweigverei¬
nen in Saarbrücken, Merzig und St. Wendel, der in der Tradition des im Herbst 1849
gegründeten ,,Gutenbergbundes“ stand. Die Filialen in Merzig und St. Wendel lösten
sich noch 1851 auf, die fünf Mitglieder des Saarbrücker Vereins traten im April 1852
aus. Der Hauptverein — 1853 zählte er 16 Mitglieder — existierte als lokale Unterstüt¬
zungskasse weiter18.
10 Noak, S. 274. Vgl. Beilot, S. 22 — 34. J, Kraus : Die politische Bewegung im Saarrevier
184,8 bis 1849, Saarbrücken 1919.
11 Auflistung bei Moldenhauer: Petitionen, S. 74 - 81. Vgl. Noak, S. 264-266.
12 Abgedruckt bei Moldenhauer: Petitionen, S. 82 - 86, Zitate S. 83. Vgl. Noak, S. 267, Fn
578.
13 Moldenhauer: Petitionen, S. 86.
14 Saarbrücker Anzeigen vom 22. 4. 1848 (Nr. 49), abgedruckt bei Moldenhauer: Petitionen,
S. 87.
15 Moldenhauer: Petitionen, S. 52. Vgl. HStAD, Best. OBA Bonn, Nr. 583 c, Protokoll der
bergamtlichen Konferenz zu Saarbrücken vom 27. 9. 1848, zit. bei Wacht 1er : Geschichte,
S. 281. Da mehrere Unterschriftsbögen abhanden kamen, ist anzunehmen, daß sich wahr¬
scheinlich alle am Bahnbau beschäftigten Bergleute beteiligt hatten.
16 D o we : Aktion und Organisation, S. 41. No ak , S. 267. Wäch 11 er : Fortschritt und Tra¬
dition, S. 99 f.
17 Noak, S. 267.
18 Schindlmayr-Reyle, S. 61 f. Todt, S. 135, datiert die Gründungen bereits auf 1848/
49. Zur Entwicklung der rheinischen Arbeiterbewegung in den 50er Jahren vgl. Dowe : Or¬
ganisatorische Anfänge, S. 62 — 66. Schindlmayr-Reyle, S. 66 — 96, 172 — 192.
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