nach Wiederherstellung des geschlossenen knappschaftlichen Sozialkörpers. Die For¬
derung nach rechtlicher Gleichstellung aller Bergleute fehlte, statt dessen verlangte man
lediglich eine Lockerung des Verhältnisses zwischen Ständigen und Unständigen durch
eine Reduzierung der Zulassungszeit von 15 auf 9 bis 10 Jahre, um eine Seite weiter
gleichzeitig die Festschreibung der Belegschaftsstärke nach vorindustriellem Vorbild
zu fordern: „Es läge im Interesse der Bergleute, wenn solche Arbeiter, welche nicht be¬
ständig in der Grube bleiben mögen, gar nicht zugelassen würden“3. Im Geiste dieser
Wiederbelebung der Knappschaftstradition lag auch das Begehren, „daß der Knapp¬
schaftsälteste von den Gliedern der Knappschaft gewählt wird, und von sonst nieman-
den“b. Bezeichnenderweise fehlten unständige Bergleute bei den Unterzeichnern dieser
Petitionen; die Bittsteller rekrutierten sich ausschließlich aus Vollmitgliedern der
Knappschaft. Ihre Forderungen zielten nicht auf die Weiterentwicklung ihres Sozial¬
status zu dem des freien Lohnarbeiters, sondern im wesentlichen auf die Rückentwick¬
lung zur intakten knappschaftlichen Gemeinschaft: Trotz der Revolution kamen Zwei¬
fel an der Autorität der preußischen Obrigkeit nicht auf; das Saarbrücker Bergamt lob¬
te sogar, „daß die Knappschaft unbeirrt durch Aufwiegelung von außen“ ihre „Wün¬
sche“ auf „gesetzlichem Wege ... angebracht hat“5 7. Am 1. Mai 1848 sah sich das Berli¬
ner Ministerium zu Lohnzulagen gezwungen. Weitere Petitionen im August 1848 und
im Februar 1849 stellten Forderungen auf dem Gebiet der Knappschaftsunterstützung.
Das Knappschaftswesen erwies sich somit einerseits als sinnfälligster Ausdruck der
bergmännischen Sonderstellung, andererseits als Hauptfeld der Eingaben und Be¬
schwerden. Die Aktionen der Saarbergleute in den Revolutionsjahren 1848/49 fanden
hierin Grenze und Stimulans zugleich8.
Träger der Revolutionsbewegung im Saarrevier war das Bildungsbürgertum; eine pro¬
letarische Unterströmung wie andernorts fehlte, Versuche zur Gründung eines Arbei¬
tervereins sind nicht bekannt9. „Es gab keine Bestrebungen, die wesentlich über die
Absichten der bürgerlichen Revolution hinausgegriffen hätten. Es wurde keine andere
gesellschaftliche Form angestrebt als die Schaffung eines politisch gleichgestellten Staats¬
5 Ebd., S. 287.
6 Petition der Grube Gerhard vom 25. 3. 1848, ebd., S. 291. Fast gleichlautend in der Resolu¬
tion der Grube Prinz Wilhelm vom 25. 3. 1848, ebd., S. 293.
7 Bergamt SB an Grube Prinz Wilhelm/Gersweiler vom 2. 4. 1848, zit. ebd., S. 280.
8 Zu dieser Petitionsbewegung vgl. Wächtler : Geschichte, S. 277 — 282. Ders .: Fortschritt
und Tradition, S. 93 — 98. Tenfelde: Sozialgeschichte, S. 158 f.
Speziell zur Bewegung der Ruhrbergleute vgl. Hue: Bergarbeiter, Bd. 2, S. 30 f. H er zig ,
S. 98 — 120. D o we : Organisatorische Anfänge, S. 54 — 62. Tenfelde: Sozialgeschichte, S.
132 — 160. Zur unterschiedlichen Rolle der sächsischen Bergleute, die bereits 1848 einen
,,Berg- und Hüttenarbeiterverein“ bildeten und sich am Dresdener Maiaufstand 1849 betei¬
ligten, vgl. Hue: Bergarbeiter, Bd. 2, S. 27 f., 125 - 131. Wächtler: Fortschritt und Tra¬
dition, S. 80- 82, 100- 106. Als Versuch einer Zusammenfassung: Eberhard Wächtler:
Montanistische Tradition und die Bewegung der Bergarbeiter in der Revolution 1848/49, in:
Manfred Kossok (Hrsg.): Rolle und Formen der Volksbewegung im bürgerlichen Revolu¬
tionsrhythmus, Glashütten/Taunus 1976, S. 190—193.
9 Vgl. Karl Obermann: Die deutschen Arbeiter in der Revolution von 1848, 2, Aufl., Berlin
1953. Max Quarck : Die erste deutsche Arbeiterbewegung. Geschichte der Arbeiterverbrü¬
derung 1848/49, Leipzig 1924. Frolinde Baiser: Social-Demokratie 1848/49- 1863. Die er¬
ste deutsche Arbeiterorganisation „Allgemeine deutsche Arbeiterverbrüderung“ nach der Re¬
volution, 2 Bde, Stuttgart 1962. Ernst Sehr aepler : Handwerkerbünde und Arbeiterverei¬
ne 1830— 1853. Die politische Tätigkeit deutscher Sozialisten von Wilhelm Weitling bis Karl
Marx, Berlin —New York 1972.
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