Full text: Die Anfänge der Bergarbeiterbewegung an der Saar (1848 - 1904)

und Heim, Weib und Kind; die Arbeit macht Freude, der Lohn stimmt. Religiös 
fundierte Schicksalsgläubigkeit sichert diese problemlose Welt ab. 
Unter dem Titel ,,Bergmanns-Lied.“* ließ Matthias Bachmann im Herbst 1889 die eige¬ 
ne Variante eines seit 1879 in vielen Revieren verbreiteten Liedes drucken und vertei¬ 
len. Der Text fußte noch im ständischen Denken, wies aber bereits darüber hinaus: 
,,Der Bergmann im schwarzen Gewände, so schlicht, 
geht still durch das Leben, man achtet ihn nicht“. 
Das gängige Motiv der Unentbehrlichkeit des Bergmanns, der Abhängigkeit aller ge¬ 
werblichen Produktion von der Kohle wurde hier zur Anklage gesteigert. Doch Ag¬ 
gressivität fehlte, das Lied blieb trotz Ansätzen von Sozialkritik in sentimentalen Bah¬ 
nen: 
,,Tief unten in der Grube, da kämpft er mit Noth, 
gräbt Schätze, hat oft kaum sein tägliches Brod. 
Doch blickt er zufrieden zum Himmel hinauf 
und ruft aus der Grube sein fröhlich , Glück auf!“1. 
Ähnliches gilt auch für das Gedicht ,,Bergmanns Loos“8 9 11, das ebenfalls unter Bach¬ 
manns Namen gedruckt wurde. 
Mit der Gründung des „Alten Verbandes“ kam eine klassenkämpferische Note in die 
Bergmannslieder des Ruhrgebiets. Das überaus beliebte „Lob auf Bunte, Schröder, 
Siegel“10 personalisierte zwar noch das Geschehen, zog jedoch bereits Lehren. „Des 
Kapitales Druck“ sei nur durch den „Bergarbeiterbund“ zu brechen: 
„Was kümmert uns des Priesters Schrei’n. 
Wir wollen ein’ge Brüder sein! 
: Zum Wohl des Bergmannsstands:“. 
An der Saar sucht man derartige Lieder in der Anfangsphase des RSV vergebens. Hier 
schlug sich die Bergarbeiterbewegung zunächst in glorifizierenden Lobeshymnen auf 
Warken nieder: 
„Thauet Himmel den Gerechten, 
Wolken regnet ihn herab, 
so riefen die Knappen in dunklen Schächten, 
bis es eine Veränderung gab. 
Wollt ihr einst den Mittler sehen, 
so müßt ihr nach Bildstock gehen. 
: Denn verschlossen war das Thor, 
bis ein Warken trat hervor“ n. 
Durchgängig stilisierte man Warken zum Erlöser, Märtyrer und Propheten, dem der 
relative Streikerfolg allein zu verdanken sei. Uber die Bewegung wurde der Schleier des 
8 SAFR, Best. RSV, 105. Textvarianten bei Heilfurth : Bergmannslied, S. 391 f., Belegstel¬ 
len ebd., S. 602 — 604. Vgl. Klaus-Michael Mallmann/Gerhard Bungert: Bergmanns¬ 
kultur und Rechtsschutzverein, in: SH 19 (1975), S. 93 — 95. 
9 SAFR, Best. RSV, 137. Text oder Belegstellen finden sich weder bei Heilfurth noch bei Köh¬ 
ler/Meier. 
10 Glückauf/Zwickau vom 7. 12. 1889 (Nr. 49). Abgedruckt bei Köllmann: Bergarbeiter¬ 
streik, Nr. 189, S. 302. Zu den Streikliedern des Ruhrgebiets vgl. jüngst Frank B aier /Detlev 
Puls: Arbeiterlieder aus dem Ruhrgebiet, Frankfurt 1981, S. 65 ff. 
11 Vorgetragen in einer Versammlung in Neunkirchen am 19. Januar 1890. Abgedruckt in NVZ 
vom 21. 1. 1890 (Nr. 16) und Frankfurter Zeitung vom 28. 1. 1890 (Nr. 28). Ähnlich das Will¬ 
kommensgedicht nach Warkens Haft, Ende 1890, SAFR, Best. RSV, 289, sowie „Stehe fest, o 
Schutzverein“ in Glückauf/NK vom 3. 5. 1890 (Nr. 18). 
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