zu veranlassen“2^. In diesem Fall sah Landrat zur Nedden schwarz für das Kartell:
„Kommt auch dies Kompromiß zustande, so halte ich den Wahlkreis Saarbrücken für
verloren“25 26. Doch Eduard Fuchs, der Vorsitzende des geschäftsführenden Ausschusses
der rheinischen Zentrumspartei, kam persönlich nach Saarbrücken, um die Aufstellung
eines eigenen Zentrumskandidaten durchzusetzen. In seiner Anwesenheit hob eine
Wahlkreisdelegiertenversammlung am 31. Januar den Beschluß zur Unterstützung
Schaedes mit 7 gegen 5 Stimmen wieder auf. Dagegen stimmten unter anderem Laven,
Oesterling und Rechtsanwalt Muth; Dasbachs intransigenter Flügel hatte sich zunächst
durchgesetzt. Statt dessen stellte das Zentrum in Saarbrücken den Altenkesseler RSV-
Vertrauensmann Peter Schillo als Kandidaten auf, um der ,,Arbeiterpartei“ Stimmen
abzujagen27. Für den RSV war dieser Schritt eine Provokation; eine Besprechung zwi¬
schen Fuchs und dem Vorstand des RSV noch am selben Abend in Friedrichsthal blieb
ergebnislos, da sich Warken und Bachmann nicht zum Rücktritt von ihrer Kandidatur
bewegen ließen28 29. Eine weitere Vertrauensmännerversammlung des Zentrums am 4.
Februar bat Windthorst um eine Entscheidung über die Kandidatenaufstellung-9. Der
Parteichef sah in dieser verfahrenen Situation im Zusammengehen mit dem Freisinn die
einzige Möglichkeit, dem Kartell Paroli zu bieten; in diesem Fall, so kalkulierte er
wohl, bestände zumindest die Chance, in die Stichwahl zu kommen und dann mit Flilfe
der Arbeiterstimmen zu siegen. Eine Wählerversammiung in St. Johann am 9. Februar
beschloß jedenfalls die Kandidatur Schaedes30 33, das Lokalkomitee des Zentrums bestä¬
tigte dies zwei Tage später und unter dem Vorsitz von Brauereibesitzer August Klein
und Rechtsanwalt Muth bildete sich ein gemeinsames „Wahlcomite für eine volks- und
arbeiterfreundliche Reichstagswahl“i[. Gegen Warken fuhr Schaede zwar nicht gerade
Pfaehlers schwere Geschütze auf, aber auch er sprach ihm die Fähigkeiten ab; „zum
Vertreter des deutschen Volkes eignet er sich nicht“22, hieß es in Schaedes Wahlaufruf.
Angesichts dieses Sachverhalts ist es absurd, wenn Otto Hue schrieb, daß die Zen¬
trumspartei ,,1890 zugunsten des Rechtsschutzvereinsvorsitzenden Warken auf eine ei¬
gene Kandidatur verzichtete“^. Die genaue Umkehrung dieser Behauptung lag damals
im Interesse des Zentrums.
Im Wahlkreis Ottweiler — St. Wendel — Meisenheim aber setzte Dasbach seine Linie
durch und kandidierte gegen Bachmann und Stumm; die Bildung eines Antikartells
nach Saarbrücker Muster lehnte er nach kurzen Verhandlungen mit dem freisinnigen
Ottweiler Bierbrauer Simon ab34. In seinem überaus intensiv und hart geführten Wahl¬
25 TLZ vom 23. 1. 1890 (Nr. 21). SJZ vom 22. 1. (Nr. 19) und 28. 1. 1890 (Nr. 24).
26 LR zur Nedden/SB an RP vom 23. 1. 1890, LHAK 442/6648, 31 —33, Zitat S. 33.
27 Dto. vom 1.2. 1890, ebd., 39-42. SJZ vom 1.2. 1890 (Nr. 28). SZ vom 5. 2. 1890 (Nr. 30).
28 Gendarm Thalheim an BM Forster/Friedrichsthal vom 1. 2. 1890, Abschrift KrASB S/10.
Warken an LR zur Nedden/SB vom 2. 2. 1890, Abschrift SAFR, Best. RSV, 173. LR zur
Nedden/SB an RP vom 9. 2. 1890, KrASB S/4.
29 LR zur Nedden/SB an RP vom 5. 2. 1890, LHAK 442/6648, 35 f. Vgl. SJZ vom 7. 2. 1890
(Nr. 33).
30 SJZ vom 10. 2. 1890 (Nr. 35). SZ vom 10. 2. 1890 (Nr. 34).
31 SJZ vom 15. 2. 1890 (Nr. 40).
32 LHAK 442/6648, 51.
33 Hue: Wer hat den Rechtsschutzverein der Saarbergleute ruiniert, S. 15. Auch in Hue:
Bergarbeiter, Bd. 2, S. 399, heißt es fälschlicherweise, daß „sich Warken als ein vom Zentrum
tatkräftig unterstützter ,Bergarbeiterkandidat’ um das Saarbrücker Mandat bewarb“.
34 LR Tenge/OTW an RP vom 17, 3. 1890, LHAK 442/6648, 61 —74. Zu Dasbachs Nominie¬
rung durch das Wahlkomitee des Zentrums am 4. Februar vgl. TLZ vom 3. 2. (Nr. 32) und
6. 2. 1890 (Nr. 35). Zu seiner Wahlagitation vgl. Fohrmann, S. 225 und Th o m a, S. 294.
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