gründete ,,Fachverein der Töpfer und verwandten Berufsgenossen“ kam über das An¬
fangsstadium nicht hinaus. An seiner Spitze standen die beiden aus der Zeit des Soziali¬
stengesetzes bekannten Sozialdemokraten Conrad Quandt und Friedrich Klein. Am 4.
April 1891 löste sich dieser Lokalverein wieder auf7.
1891 kam es dann zu drei wichtigen Gründungen in den Saarstädten: Im Mai bildete
sich in St. Johann eine Filiale des ,,Deutschen Tischler-Verb an des“ unter Leitung des
sozialdemokratischen Gesellen Philipp Flamm8. Dieser 40 Mitglieder zählende Lokal¬
verein ging Ende 1893 im »Deutschen Holzarbeiter-Verband« auf9 10. Ebenfalls im Mai
1891 gründete man in St. Johann eine Filiale des ,,Deutschen Uhrmacher-Gehilfen-
Verbandes“[0. Und im August bildete sich gleichfalls in St. Johann eine Zweigstelle des
„Deutschen Schuhmacher-Verbandes“ mit 20 Mitgliedern unter Leitung von Bernhard
Dilsburg; eine weitere Filiale in Neunkirchen löste sich noch im Oktober 1891 auf11.
,,Das Fachvereinswesen gewinnt auch in der Saargegend leider immer mehr an Bo¬
den“12 13, stellte Landrat zur Nedden damals fest — obwohl die Mitghederzahlen insge¬
samt kaum 100 erreichten.
Das Sozialistengesetz war zwar ausgelaufen, aber gerade deswegen nahmen die örtli¬
chen Behörden gegenüber den Gewerkvereinen eine harte Haltung ein. Zur Nedden
berichtete Anfang 1891 nach Trier: „ Überhaupt suche ich nach Kräften das Aufkom¬
men von Fachvereins-Filialen zu hintertreiben, weil dieselben notorisch sozialdemokra¬
tischen Agitationszwecken dienen“12. Sowohl zur Nedden als auch sein Nachfolger Ba¬
ke scheuten sich nicht, den jeweiligen Arbeitgebern ,,vertrauliche Mitteilungen“ über
die Mitgliederlisten der gewerkschaftlichen Lokalvereine zukommen zu lassen14. Ent¬
lassungen waren jeweils die Folge. Als eine diesbezügliche Beschwerde über den St, Jo-
hanner Polizeikommissar Utecht eintraf, erhielt dieser zwar von Landrat Bake einen
offiziellen Rüffel, gleichzeitig wurde ihm aber eröffnet, daß er berechtigt sei, ,,zuver¬
lässige Meister in ganz vertraulicher Weise auf die Betheiligung ihrer Gesellen an sozial¬
7 BM Neff/St. Johann an LR vom 7. 4. 1891, KrASB S/6. Statuten des Vereins ebd. Zur allge¬
meinen Gewerkschaftsentwicklung in dieser Branche vgl. Adam Drunsel: Geschichte der
deutschen Töpferbewegung, Berlin 1911.
8 BM Neff/St. Johann an LR vom 25. 5. 1891, LHAK 442/4380. LR zur Nedden/SB an RP
vom 29. 5. 1891, Konzept KrASB S/3, Ausfertigung LHAK 442/4380. Statuten des Vereins
KrASB S/3. Hamm stand im März 1892 vor dem Saarbrücker Schöffengericht, weil er im De¬
zember 1891 sozialdemokratische Druckschriften ohne polizeiliche Erlaubnis verteilt hatte.
Vgl. Bote von der Saar vom 2. 4. 1892 (Nr. 14). Zur allgemeinen Gewerkschaftsentwicklung
in dieser Branche vgl. August Bringmann: Geschichte der deutschen Zimmererbewegung,
Bd. 1,2. Aufl. Hamburg 1909. Theodor Cassau : Der deutsche Holzarbeiterverband. Ver¬
fassung und Verwaltung einer modernen Gewerkschaft, in: JGW 33 (1909), S. 229 — 264,
577-616.
9 RP Heppe/Trier an OP vom 1.11. 1893, LHAK 403/6838, 649-652.
10 BM Neff/St. Johann an LR vom 14. 5. 1891, KrASB S/6. LR zur Nedden/SB an RP vom 29,
5. 1891, Konzept KrASB S/3, Ausfertigung LHAK 442/4380.
11 RA Bötticher/SB an RP vom 27. 8. 1891, LHAK 442/4274. RA Wölbling/OTW an RP vom
26. 10. 1891, ebd. Zur allgemeinen Gewerkschaftsentwicklung in dieser Branche vgl. Dionys
Zinner: Geschichte der deutschen Schuhmacherbewegung, Gotha 1904. Dieter Schu¬
ster: 1872 - 1972 ,,Schritt für Schritt“. Ein Jahrhundert Ledergewerkschaften, Stuttgart
o. J. (1972).
12 LR zur Nedden/SB an RP vom 29. 5. 1891, Konzept KrASB S/3, Ausfertigung LHAK 442/
4380.
13 Dto. vom 14. 3. 1891, LHAK 442/6221, 43-54, Zitat S. 53.
14 Dto. vom 27. 2. 1891, Konzept KrASB S/6, Ausfertigung LHAK 442/4221. LR zur Nedden/
SB an BM Mainz/ Gersweiler vom 20. 12. 1890, KrASB S/6. BM Meyer/Malstatt-Burbach an
LR vom 22. 12. 1891, KrASB S/7. LR Bake/SB an RP vom 27. 11. 1893, LHAK 442/4408.
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