er sich stets ruhig und gut betragen, auch lebt er in geordneten Familienverhältnissen
und ist aus einer braven Familie“, äußerte sich der Tholeyer Bürgermeister im Sommer
1889. In Grube Friedrichsthal arbeitete Warken als Hauer und fungierte spätestens seit
1887 auch als Partiemann. Im Beleidigungsprozeß im Dezember 1889 gab er an, ,,er
selbst habe die Grube 15 Jahre mit bestehlen helfen,,Wir waren so geschult, wir ha¬
ben das thun müssen, alsdann stand man sich besser bei den Vorgesetzten“'4. Warken
war selber — wie er im Prozeß gegen den Trierer Redakteur Körfgen im Februar 1890
als Zeuge an mehreren Beispielen darlegte — in das Korruptionssystem verwickelt; für
seine Partie hatte er Lohnsummen für nichtausgeführte Arbeiten an Steiger abgeführt,
Schichten, in denen er als Treiber mit Steigern auf der Jagd gewesen war, wurden ihm
dennoch aus der Grubenkasse bezahlt14 15. Warken besaß ,,das Zeug zu einem Volksred¬
ner und dadurch sehr viele Anhänger“'6. Wie aus den Protokollen der beiden erwähn¬
ten Prozesse hervorgeht, machte er sich bereits in den 80er Jahren zum Sprecher seiner
Kameraden. Er führte einen — meist erfolglosen — Beschwerdekleinkrieg gegen einzel¬
ne Steiger und stachelte auf zum Widerstand gegen die 12-Stunden-Schicht. Als der
Steiger Warkens Partie beim Kartenspiel antraf, soll er von diesem die Antwort erhal¬
ten haben: ,,Eckstein ist Trumpf!“', seitdem führte Warken den Beinamen ,,Eckstein“
gewissermaßen als bergmännischen Adelstitel17. Derart sarkastisch-aggressive Eskapa¬
den blieben typisch für Warken: Auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzung mit
dem ,,Bergmannsfreund“ und dessen Redakteur Ewald Hilger fand sich in ,,Schlägel
und Eisen“ die Annonce: ,,Ein schöner Dockhund ist zu verkaufen, der auf den Namen
,Hilger' hört. Offerten unter N. W. an die Expedition von dieser Zeitung“'8. Und mit¬
ten im Streik 1892/93 erhielt Hilger von Warken einen ,,herzlichen Glückwunsch zum
Jahreswechsel“', ,,das genügt zur Kennzeichnung dieses Mannes“, meinte der ,,Berg¬
mannsfreund“ pikiert19.
Otto Hue hat Warken zunächst einen ,,Konfusionsrath und Schwätzer“ genannt, der
ebenso wie seine Vorstandskollegen ,,ein wunderbares Gemisch von radikalen, religiö¬
sen und — demüthigen Phrasen“ redete20 21 — eine ungerechte Kennzeichnung, die sich
nur aus dem Verlust des Saarreviers für den ,,Alten Verband“ erklären läßt. Heinrich
Imbuschs Charakterisierung ist hier differenzierter und zutreffender: ,,Sie waren ein
Produkt der Erziehung im Saarrevier. Gewohnt, sich zu ducken und durch die Behand¬
lung innerlich radikal bis auf die Knochen und wegen des Mangels jeder volkswirt¬
schaftlichen Schulung ohne die notwendige Einsicht in die wirtschaftlichen Verhältnis-
14 Beleidigungsprozeß, S. 4.
15 Dasbach: Zur Arbeitseinstellung der Bergleute im Saar-Revier, S. 6, 9, 11.
16 BM Speicher/Riegelsberg an LR vom 4. 10. 1889, Abschrift LASB 564/715, 291 —295, Zitat
S. 294.
17 Diese Version stützt sich auf SZ vom 11.5. 1891 (Nr. 107), Hilgers Ansprache in Bildstock
am 24. 5, 1892, Bgmfr. vom 27. 5. 1892 (Nr. 27) sowie auf den Warken-Enkel Bernhard Besch,
S. 83 f., der sich auf mündliche Äußerungen des ältesten Warken-Sohnes Michael berufen
kann. Die wohl unzutreffendere Version, Warken sei wegen seiner Bedeutung für den RSV
,,Eckstein“ genannt worden, vertreten O. H. Werner, S. 54 undj. Klein: Rechtsschutz¬
verein, S. 52 f. Zur Allgemeingebräuchlichkeit dieses Spitznamens vgl. Freimuth, S. 4 und
SJVZ vom 17. 3. 1890 (Nr. 64).
18 Schlägel und Eisen vom 14. 12. 1892 (Nr. 68).
19 Bgmfr. vom 3. 1. 1893 (Nr. 1). Vgl. Bruch: Geschichte des „Bergmannsfreund“, S. 75 f.
20 Hue: Neutrale oder parteiische Gewerkschaften, S. 69.
21 Imbusch, S. 380. In direkter Anspielung auf Imbusch schloß sich Hue später dieser Wer¬
tung an. Vgl. Hue: Bergarbeiter, Bd. 2, S. 399 f.
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