Full text: Landesherr und Landesverwaltung

V Resümee 
Entsprechend der behördengeschichtlichen Entwicklung in anderen Territorien 
ist es auch in Pfalz-Zweibrücken erst Mitte des 16. Jahrhunderts zu fest formier¬ 
ten Behörden gekommen. Lag bis zum Ende der Regierungszeit Ludwigs II. 
(1532) der Schwerpunkt der Verwaltungstätigkeit durchaus in den Ämtern, 
basierte die Finanzverwaltung noch auf dem System der Spezialanweisung auf 
bestimmte Amtseinkünfte, so verschob sich während der vormundschaftlichen 
Regierung für Pfalzgraf Wolfgang der Akzent zu einer zentralen Verwaltung in 
der Residenz Zweibrücken hin. Diese Entwicklung wird dadurch gekennzeich¬ 
net, daß sich der Aufgabenbereich der Kanzlei auf verwaltungsmäßigem Gebiet 
und-mit dem allmählichen Zurücktreten der persönlichen Rechtsprechung des 
Landesherrn - auch in jurisdiktioneller Hinsicht immer mehr erweiterte. Seit 
der Mitte des 16. Jahrhunderts war in zunehmendem Maße eine behördenmäßi¬ 
ge Verfestigung erfolgt, so daß es sich um ein „consilium formatum", um eine 
Behörde im verfassungsrechtlichen Sinn handelte. Die Aufgaben der Landes¬ 
verwaltung lagen nun nicht mehr bei den jeweils anwesenden oder zusammen¬ 
gerufenen Räten - diese Verwaltungspraxis, wie sie sich Mitte des 15. Jahrhun¬ 
derts unter Pfalzgraf Stephan herausgebildet hatte, war bis zu den 30er Jahren 
des 16. Jahrhunderts fast in den gleichen Formen bestehen geblieben -, sondern 
bei einem ständigen Verwaltungskörper. Der Personenkreis des Rates war im 
wesentlichen festgelegt, die Beratung in der Ratsstube wurde regelmäßig durch¬ 
geführt. Der Rat konnte unabhängig vom Fürsten zusammentreten und besaß 
als Regierungsorgan Autorität, d.h. die gefaßten Beschlüsse hatten innerhalb 
des ihm zugewiesenen Geschäftskreises einen Anspruch auf Durchführung. Als 
oberste Verwaltungs- und Regierungsbehörde war die Kanzlei für alle Ange¬ 
legenheiten zuständig, die sich auf die landesherrlichen Regalien und das jus 
publicum bezogen, d.h. auf alle Hoheits-, Kirchen- und Polizeisachen und Ange¬ 
legenheiten des öffentlichen Staatsrechts. 
Die weitere Entwicklung der Verwaltung war durch das Bestreben gekenn¬ 
zeichnet, den einmal erreichten Organisationsstand zu festigen und klare Kom¬ 
petenzverhältnisse zu schaffen. Diese Entwicklung wird im wesentlichen durch 
zwei Tendenzen gekennzeichnet: zum einen verursacht die Erweiterung der 
Regierungs- und Verwaltungstätigkeit die Aufspaltung des noch einheitlichen 
Verwaltungsapparates durch nun entstehende Behörden; zum anderen ist es 
das Bestreben des Landesherrn, nicht nur die oberste Leitung des Staatswesens 
.innezuhaben, sondern darüber hinaus einzelne Arbeitsgebiete seinem persön¬ 
lichen Entschluß vorzubehalten. Der Kanzleisphäre wurden im wesentlichen 
die Aufgaben der Rechts- und Billigkeitspflege sowie der minderen Landesver¬ 
waltung zugewiesen und darüber hinaus die „untere Sphäre" der auswärtigen 
Angelegenheiten. Das Ratskollegium erlangte eine zunehmende, jedoch keines¬ 
wegs vollständige Unabhängigkeit vom Landesherrn; dieser behielt sich die 
„obere Sphäre" der außenpolitischen Angelegenheiten, die oberste Kontrolle 
der Finanzverwaltung und einige andere Reservatsachen als seinen Wirkungs¬ 
bereich vor, den er mit besonderen Mitarbeitern zur wirksamen Regierungs¬ 
und Verwaltungszgntrale ausbaute. Die Rechenkammer, welche die Funktion 
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