Full text: Landesherr und Landesverwaltung

dieser Form keineswegs genügen. Ihre Erweiterung mußte bei der außerordent¬ 
lich großen Bedeutung gesunder finanzieller Verhältnisse für die Entfaltung des 
Staatswesens in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts alsbald in Angriff ge¬ 
nommen werden168. Die Aufgaben, welche der Rechenkammer nunmehr zuge¬ 
wiesen wurden - die Berechnung aller Einkünfte und Ausgaben und zusammen 
damit die Verwaltung des Barvermögens - hatte bislang der Kammerschreiber 
versehen; er konnte dies jedoch nicht mehr in ausreichender Weise tun, denn 
er führte nur die erhaltenen Befehle aus, und ein Beratungsrecht stand ihm 
nicht zu. Bei der wachsenden Bedeutung der Finanzverwaltung für den Staat 
war dies zweifellos ein Nachteil, zumal auf dem Gebiet der Finanzpolitik ge¬ 
meinsame Beratungen dringend erforderlich erschienen, um übereilte Maßnah¬ 
men zu verhüten; sie wurden ermöglicht, indem man die Zentralkasse in eine 
Behörde umwandelte. Die Verselbständigung der Rechenkammer war zu einem 
ersten Abschluß gelangt. 
Es stellt sich nun die Frage, ob diese Behörde damals bereits eine kollegiale 
Organisation erhalten hat; die Formulierung - Was auch in der Camerstuben 
wirdt beratschlagt, das soll daselbs Concipiert. Verfertigt, vnd versiglt werden - der 
Kanzleiordnung von 1559169 läßt dies möglich erscheinen. In der Praxis zeigte 
sich allerdings, daß die Rechenkammer zunächst noch keine selbständige Insti¬ 
tution gewesen ist170; stattdessen wurden bestimmte Aufgaben an einzelne Räte 
delegiert, die dann die Bezeichnung Kammerräte171 erhielten. In den Bestallun¬ 
168 Herzog Wolfgang hatte sich daher veranlaßt gesehen, im Finanzressort den Schritt 
zur Modernisierung zu tun: Wir Sind aus etlichn bedencklichen vrsachen bewegt wor¬ 
den. Das wir vnnsere gemaine Landgeschäfft. one mill die Regierung betreffend, vnnd die 
Camer oder Renntschreiberej geschafft vnnderschiden. vnd zu der Rechnung etlich sonn- 
derbare Personen verordnet haben. Derwegn ist vnnser beuelh. das bis auf vnser weitere 
Verordnung, sölhe vnnsere Vnderschidliche anslellung. fleissig gehallten werde.// Wir 
wellen auch denJhenigen. so wir zu vnnserer Camer oder Renntschreyberey verordnen, 
ein sondere Ordnung begreiffen lassen. Damit sy austrucklich wissen, was für sy gehöre, 
oder nit. auch vnsere Canntzley Rät derselben alsdan verstendigen. Damit sy gnugsamen 
bericht haben, welher hanndlung sy sich annemen sollen oder nit. (Kanzleiordnung von 
1559, Art. 43, fol. 60b-61a, zitiert nach keiper/buttmann, Kanzlei-Ordnung, S. 73). 
169 Kanzleiordnung von 1559, Art. 43, fol. 61b (zitiert nach keiper/buttmann, Kanzlei- 
Ordnung, S. 74). 
170 Dies wird deutlich in einer Verordnung über die Bestallung der Cantzley im Fürsten- 
thumb Zweypruck von 1569 (GHA München KA 1573) ausgesprochen: Was aber die 
Rechen Cammer berürt, mit Verrechnung solcher geschelft soll es allermassen gehalten 
werden wie von der Rechen Cammer zu Neuburg davon geordnet, also das alle Rechen¬ 
cammersachen bej der Cantzlej beratschlagt und expedirt, auch alle bevelch under Statt¬ 
halter und Räth oder seines abwesens verordtneter Räth Namen und unserem Secret aus- 
ghen sollen. Einen Einblick in die erwähnte Organisation der Pfalz-Neuburger 
Rechenkammer gibt die Cammerath-Instruktion vom 18. Januar 1554 (StA Neuburg a. 
D. Pfalz-Neuburg, Generalakten Nr. 6861a). 
171 Den Begriff „Kammerrat" im Sinne von besonders deputierten Räten, die den Kanzlei¬ 
räten gegenübergestellt wären und besonders wichtige Staatsangelegenheiten zu be¬ 
raten gehabt hätten, hat es in Pfalz-Zweibrücken nicht gegeben; hier ist die Bezeich¬ 
nung „Kammerräte" lediglich auf in der Rechenkammer tätige Räte beschränkt 
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