Kassenführung163 und zentralisierte sie mehr und mehr164. Stets sollte er am
Hof anwesend sein und alle Renten, Gefälle und sonstigen Abgaben einziehen.
Ebenso hatte er die notwendigen Zahlungen zu leisten, sei es für die Besoldung
und Zehrung der Diener, für die großen Einkäufe auf den zweimal im Jahr statt¬
findenden Frankfurter Messen oder für die tagtäglichen Bedürfnisse der pfalz¬
gräflichen Küche und Hofhaltung. Über alle Einnahmen und Ausgaben war ge¬
wissenhaft Buch zu führen. Ohne Befugnis, etwas in Rentsachen selbständig zu
beschließen, hatte der Kammerschreiber die Einnahmen und Ausgaben zu ver¬
zeichnen. Als lediglich ausführendes Organ war er an die Weisungen des Für¬
sten und seiner Beauftragten gebunden; auf Befehl des Statthalters oder Kanz¬
lers zahlte er die nötigen Beträge aus.
Untersucht man die Stellung des Kammerschreibers innerhalb des
Verwaltungsorganismus, so mag dies einerseits für das Amt und seine Träger
aufschlußreich sein, andererseits aber auch für die Beurteilung dieser Einrich¬
tung von Bedeutung. In der seit jeher bestehenden Verpflichtung, über seine
Amtsführung vor den Beauftragten des Fürsten Rechenschaft abzulegen, drückt
sich die Abhängigkeit der Rechenstube aus. Sie unterstand der Aufsicht durch
diese Beamten, die damit die prüfende, beratschlagende und im Namen des Für¬
sten beschließende obere Zentralinstanz in der Finanz Verwaltung waren165. Die
Stellung des Kammerschreibers ist keinesfalls mit der Existenz einer selbständi¬
gen Finanzbehörde gleichzusetzen, da keine eigene Kanzlei vorhanden war.
Andererseits bildete sie auch keinen Bestandteil der allgemeinen Kanzlei; sie
war nicht wie in Württemberg die „Kasse bei der Kanzlei"166, sondern unab¬
hängig und wurde als Arbeitsbereich streng von ihr unterschieden. Neben der
eigenen Expedition fehlte die andere Voraussetzung: ein beratendes und be¬
schlußfassendes Kollegium von Räten, unter denen der Kammerschreiber zu¬
mindest gleichberechtigt gewesen wäre.
So hatten sich bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts ein Schreibbüro für die
Rechensachen und eine Verhörkommission167 herausgebildet. Den Bedürf¬
nissen einer durchgreifenden Landesverwaltung konnte die Rechenstube in
163 Waren die Abrechnungen unter Herzog Stephan noch recht summarisch gehalten -
die Eintragung der Einnahmen und Ausgaben wurde lediglich in zeitlicher Reihenfol¬
ge vorgenommen -, so ist seit 1511 (vgl. dazu LA Speyer B 3, Nr. 3) in zunehmend
stärkerem Maße eine sachlich gegliederte Buchführung festzustellen; nun heben sich
einzelne Verrechnungsgebiete voneinander ab. Als ständige Rubriken erscheinen die
Lieferungen aus den Ämtern und die Ausgaben der Hofhaltung. Weitere Posten wer¬
den meist unter dem allgemeinen Titel Innahm und Ausgab zusammengefaßt Sonstige
Vermerke wie Daten und Beleghinweise sind nicht regelmäßig vorhanden; am ehe¬
sten ist dies noch bei den Amtslieferungen der Fall.
164 Vgl. zum folgenden EID, Hof- und Staatsdienst, S. 188 f.
165 Vgl. dazu GHA München KA 1573.
166 wintterlin, Geschichte der Behördenorganisaüon, Bd. 1, S. 31; vgl. dazu auch kothe,
Der fürstliche Rat in Württemberg, S. 80 ff.
167 Zur Besetzung der Verhörkommission vgl. die Kammerschreibereirechnungen von
1553 und 1556 (LA Speyer B 3, Nr. 166 und 168).
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