ler den Einfluß der übrigen Räte im Ratskollegium sehr zurückdrängen, wie dies
im Falle von Schwebel geschehen ist. Im allgemeinen war aber der Kanzler
nicht in der Lage, sich über das Kollegium der Räte hinwegzusetzen, da dieses
inzwischen mit seinem festumrissenen Personen- und Arbeitskreis, seinem
arbeitsteiligen Verfahren und seiner regelmäßigen, von den jeweiligen Aufträ¬
gen des Pfalzgrafen weitgehend - wenn auch nicht vollständig! - unabhängigen
Tätigkeit eine zu große Geschlossenheit erlangt hatte. Seine Verfassung und -
sieht man von geringfügigen Schwankungen ab - auch seine Zuständigkeit ha¬
ben sich etwa bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts nur unwesentlich verändert;
erst nach der Neuordnung der Zentralbehörden während der Regierungszeit
Herzog Christians IV. (1740-1775) verengte sich der Arbeitsbereich der
Regierungsräte122 besonders durch die Einrichtung des Kabinettskollegiums
und die Ausbildung neuer zentraler Behörden, die aus dem Arbeitsbereich des
Regierungskollegiums ausgegliedert wurden.
Die Schreibstube
Zur Erledigung ihrer Schreibarbeiten stand der Regierung eine Schreibstube
zur Verfügung, die durch die Kanzleiordnung von 1559 eine genau umrissene
Verfassung erhielt. Die Existenz einer geordneten Schreibstube mit dem Kanz¬
ler als Vorstand war bereits für die Regierungszeit Stephans gegeben123. Der
Umstand, daß eine funktionierende Kanzlei seit der Mitte des 15, Jahrhunderts
bestand, ermöglichte ohne besondere Schwierigkeiten ihre alsbaldige Erweite¬
rung. Der Ausbau ist während der Vormundschaftsregierung für Herzog Wolf¬
gang erfolgt und bis 1559 abgeschlossen worden, wie aus einem Vergleich mit
der Kanzleiordnung von 1586 hervorgeht, die kaum noch einen neuen Sachbe¬
reich aufweist124. Für die Schreibstube als Ganzes ist die Entwicklung etwa
gerade zu jenem Zeitpunkt weitgehend beendet, zu dem die Kanzleiordnung
von 1559 den Ausgangspunkt für die Entwicklung der Ressorts überliefert.
122 Siehe dazu das Kapitel „Die Beamten des Regierungskollegiums und ihre Funktio¬
nen".
123 Siehe dazu das Kapitel „Die Entwicklung der Verwaltung bis zum Tod Ludwigs II.
(1532)"; grundsätzlich über den Geschäftsgang in einer Kanzlei der frühen Neuzeit
meisner, Urkunden- und Aktenlehre, S. 60 ff; ders., Archivalienkunde, S. 265 ff,
309.
124 Die Betrachtung der einzelnen Kanzleiposten - im chronologischen Längsschnitt -
führt zu dem zusammenfassenden Urteil, daß sich die Funktionen, seitdem sie sich
beobachten lassen, nur wenig verändert haben. Lediglich leichte Schwankungen der
Kompetenzbereiche der Sekretäre, z.T. verbunden mit einer Verlagerung des
Schwerpunkts, sind festzustellen; allgemein zur Beamtenhierarchie in der Kanzlei
Meisner, Urkunden- und Aktenlehre, S. 55 f; ders., Archivalienkunde, S. 259 f.
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