Full text: Landesherr und Landesverwaltung (11)

niedergelegten Darlegungen von Kurpfalz wurden in Wien durch zu nichts ver¬ 
pflichtende Versprechungen beantwortet55. 
Fast ein Jahr verging, bis der Streit um die Erbfolge in Pfalz-Zweibrücken, der in 
einem Aktenkrieg der Räte zu verebben drohte, in ein neues, entscheidendes 
Stadium trat; der im Februar 1724 erfolgte Sturz Schorrenburgs machte den 
Weg für den kurpfälzischen Einfluß in Pfalz-Zweibrücken völlig frei. Schon 
wenige Tage später reiste Haumüller nach Mannheim, um - wie es Vogt Liernur 
von Annweiler dem birkenfeldischen Rentmeister Klick berichtete - dem Kur¬ 
fürsten das Angebot zu überbringen, es nach und nach in die Wege zu richten [...], 
daß Churpfalz die zweibrückischen Lande zu seiner Zeit gewiß sein sollten56 
Bereits am 24. Juni kam ein Vertrag zustande, in dem Gustav Samuel Leopold 
unter Berufung auf die Constitutio Rupertina von 1410 und auf das Testament 
Herzog Alexanders von 1514 die Erbberechtigung Karl Philipps anerkannte57. 
Die Gegenleistung des Kurfürsten, zu der er sich durch einen Revers58 ver¬ 
pflichtete, bestand in der Anerkennung des Wittums, das der pfalz-zweibrücki- 
sche Herzog verschreiben würde, sowie in der Zusicherung einer Naturalliefe¬ 
rung an die Witwe. Bevor dieser Vertrag in Kraft treten würde, sollten die 
Agnaten der beiden Vertragspartner den Abmachungen zustimmen59. Dieses 
war ein leichtes bei dem Pfalzgrafen Joseph Karl Emanuel von Sulzbach, der als 
Karl Philipps Schwiegersohn und präsumtiver Erbe selbst wohl am meisten an 
dieser Regelung interessiert war; es wäre aber unmöglich gewesen, von 
Christian III. eine Zustimmung zu erhalten. Damit war der ganze Vertrag illuso¬ 
risch und lediglich ein Ausdruck der Freundschaft und des guten Einver¬ 
nehmens; er war allerdings insofern bedeutsam, wenn man berücksichtigt, daß 
Gustav Samuel Leopold bisher Christian III. als seinen Nachfolger bezeichnet 
hatte. Daneben hatte allerdings der Vertrag noch eine besondere aktuelle 
Bedeutung: Karl Philipp benötigte den agnatischen Konsens des pfalz-zwei- 
brückischen Herzogs, um eine größere Anleihe aufnehmen zu können60. 
Am Birkenfelder Hof gab man sich keinen Täuschungen über die drohende Ge¬ 
fahr hin. Durch Sekretär Patrick ließ Christian III. im Mai 1724 Karl Philipp 
55 Die diesbezüglichen Akten befinden sich im GHA München KA 484/1. 
56 Patrick an Chrisüan III., Bischweiler 30.4.1724. GHA München KA 478/1. 
57 GHA München HU 4582. Zu den Bestimmungen des Vertrages siehe Schmidt, Karl 
Philipp, S. 189. 
58 Dieser Revers wurde am 6. Juli 1724 in Schwetzingen ausgestellt. GHA München KA 
485/4. Am 16. Juli drückte Gustav Samuel Leopold dem Kurfürsten seine Consolation 
über die seiner Gemahlin und ihren Angehörigen erwiesene Protektion aus. GHA 
München KA 485/4. 
59 Karl Philipp an Gustav Samuel Leopold, Schwetzingen 10.7.1724. GHA München KA 
485/4. 
60 Die eigentlichen Motive für die kurpfälzischen Absichten auf Pfalz-Zweibrücken 
scheinen m. E. in erster Linie auf dem Gebiet der Finanzpolitik zu liegen; die zu¬ 
nehmende Verschwendung, das ungeheuere Aufblähen des Hofstaates unter Johann 
Wilhelm und Karl Philipp hatten die Finanzen stark geschwächt. 
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