Full text: Landesherr und Landesverwaltung

rium anerkannt hatte. Die kurpfälzischen Ansprüche konnten nur dann Erfolg 
haben, wenn es gelang, noch zu Lebzeiten Gustav Samuel Leopolds eine ge¬ 
meinsame Vereinbarung mit ihm gegen Pfalz-Birkenfeld wegen der Erbfolge zu 
treffen. 
Aufmerksam hatte man von Mannheim aus die Veränderungen am Zweibrük- 
ker Hof beobachtet. Der kurpfälzische Hof hatte erkannt, daß Luise Dorothea 
wegen ihrer Gegnerschaft zu Schorrenburg das gegebene Werkzeug der eige¬ 
nen Politik werden könnte; damit war nun eine ungeahnte Möglichkeit, in die 
pfalz-zweibrückischen Verhältnisse einzugreifen und auf Gustav Samuel 
Leopold Einfluß auszuüben, gegeben38. Der kurpfälzische Amtmann von 
Grafendahn, Johann Philipp von Jägern, der Mitte Oktober 1722 am Zwei¬ 
brücker Hof weilte, hatte den Auftrag, die Gesinnung Gustav Samuel Leopolds 
zu sondieren und sollte in Erfahrung bringen, wie dieser sich zu einer kurpfälzi¬ 
schen Annäherung verhalten würde. Der pfalz-zweibrückische Herzog zeigte 
sich Jägern gegenüber von einer besonderen Aufgeschlossenheit und über¬ 
häufte ihn mit Beweisen seines Vertrauens39. Es mußte Aufsehen erregen, daß 
Gustav Samuel Leopold ihn nach beendigter Hoftafel zu politischen Gesprächen 
einlud, während er gleichzeitig Schorrenburg und Raesfeldt, die - wie üblich - 
folgen wollten, zurückwies. Die auffallende Bevorzugung des Gastes mußte 
schließlich den Verdacht erwecken, als habe dessen Besuch mehr zu bedeuten, 
als man gegenüber der Hofgesellschaft zugeben wollte. Schorrenburg versuchte 
Jägern auszufragen; dieser gab jedoch dem Premierminister gegenüber die Rolle 
des harmlosen Besuchers nicht auf und berichtete Gustav Samuel Leopold von 
dessen Neugierde. Daraufhin bat der Fürst Jägern, er solle niemand etwas über 
den Inhalt ihrer politischen Gespräche, nämlich von ihrer [zu] suchenden Ver¬ 
einigung mit Kurpfalz, sagen. 
Am 19. Januar 1723 kam Jägern mit konkreteren Aufträgen wieder nach 
Zweibrücken40. Er hatte Gustav Samuel Leopold darzulegen, wie gefährlich es 
für das gemeinsame katholische Interesse sei, daß die pfalz-zweibrückischen 
Vertretungen beim Reichstag und beim Oberrheinischen Kreis von zwei Prote¬ 
stanten, nämlich den preußischen Gesandten Graf Metternich in Regensburg 
38 Noch im Sommer 1722 hatte Gustav Samuel Leopold seine Zustimmung zu einer 
gegen die kurpfälzischen Erbansprüche gerichteten birkenfeldischen Publikation, die 
Schorrenburg vorgelegt hatte, erklärt. Zur gleichen Zeit versicherte der Premier¬ 
minister der birkenfeldischen Regierung anläßlich einer in Worms bevorstehenden 
Konferenz zwischen Pfalz-Zweibrücken und Kurpfalz, daß nichts beschlossen werden 
würde, was den Erbansprüchen Christians nachteilig sein könnte (Kurzer und akten¬ 
mäßiger Bericht. GHA München KA 479/1). Damals schien die Richtung der pfalz- 
zweibrückischen Poliük klar und eindeutig; sie mußte sich aber - so dachte man in 
Mannheim - mit der immer offensichtlicher werdenden Kaltstellung Schorrenburgs 
ändern. 
39 Siehe zum folgenden Jägerns ausführlichen Bericht an den pfälzischen Kurfürsten 
über seinen Besuch in Zweibrücken (o. Dat). GHA München KA 484/4. 
40 Vgl. zum folgenden das Memoire Jägerns über seinen Auftrag vom 22.1.1723. GHA 
München KA 484/4. 
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