Joannis23, ein herzoglicher Pensionär, das famose Libell aus seinem damaligen
Aufenthaltsort Langenschwalbach zusandte24. Der Verfasser dieses Pamphlets,
der über alle Einzelheiten aufs beste unterrichtet war25, mußte wohl in der aller¬
nächsten Umgebung des Herzogs gesucht werden. Gustav Samuel Leopold
wandte sich am 17. September 1723 durch seinen Gesandten an den Reichstag,
um ein Verbot der Schmähschrift zu erwirken26, die in Zweibrücken bereits ein
ganzes Jahr von Hand zu Hand ging und heimlich gelesen wurde27. Der Ver¬
dacht, die Verbreitung des scandaJeusen Libells veranlaßt zu haben, fiel auf¬
grund einer Denunzierung des zur Hoffmann'schen Gruppe gehörenden Physi¬
cus' Kempf auf Schorrenburg, den Kammerrat Bettinger und den ersten
reformierten Pfarrer von Zweibrücken, Zepper28. Am 20. Januar 1724 wurde
Schorrenburg in Hornbach bei einem Gespräch mit dem dortigen reformierten
Pfarrer von einem Spitzel belauscht, der sofort einige unvorsichtige Äuße¬
rungen des Premierministers, die dessen Mitwisserschaft an der Affäre bekun¬
deten, nach Zweibrücken berichtete. Haumüller begab sich nach der Rückkehr
Schorrenburgs in dessen Wohnung, um mit zwei weiteren Regierungsräten sei¬
ne Papiere zu untersuchen. Um der drohenden Verhaftung zu entgehen, floh er
nach Frankfurt am Main29. Zepper, der bei der Untersuchung alles gestand,
wurde strafversetzt30, der Kammerrat Bettinger entlassen31. Mit Schorren¬
burg war der wichtigste Parteigänger Christians III. zu Fall gebracht worden;
seine Stellung wurde künftig von Haumüller, der zu diesem Zeitpunkt erst ein
Jahr als Regierungsrat im pfalz-zweibrückischen Dienst stand, eingenommen.
Wie Schorrenburg und Wernigk war auch die überwiegende Mehrheit der
Lokalbeamten „birkenfeldisch" gesinnt. Sie standen zum Teil unmittelbar mit
Christian III. im Einvernehmen, wie die beiden Amtmänner von Meisenheim
und Lichtenberg, Ehrentraut und Schwebet, die Landschreiber Schimper zu
23 Siehe über sein Leben und seine Persönlichkeit Hörner, Georg Christian Joannis, S.
7-34, bes. 25.
24 Joannis an Gustav Samuel Leopold, Langenschwalbach 12.8.1723. GHA München HU
4589.
25 Bekannt ist ihm der Hintergrund von Gustav Samuel Leopolds Ehe mit Dorothea von
Veldenz, die Tatsache der heimlichen Trauung mit Luise Dorothea Hoffmann am 10.
Oktober 1722 und der Widerstand des Beichtvaters gegen diese Heirat. Das Vorgehen
des Herzogs wird als Bigamie bezeichnet und ein Eingreifen des Kaisers sowie des pfäl¬
zischen Kurfürsten erwartet. GHA München HU 4589.
26 Kopie dieses Schreibens, Zweibrücken 17.9.1723. GHA München KA 479/2.
27 Ein gedrucktes Dekret vom 28. Januar 1724 sprach die Mißbilligung über dieses Tun
aus und stellte die Weiterverbreitung der Schrift, deren Inhalt nicht der Wahrheit ent¬
sprechen würde, unter schwere Strafe. GHA München HU 4590.
28 Siehe dazu heintz, Alexanders-Kirche, S. 119.
29 Es wird Ihme sehr verdacht, daß Er einige nachteilige Briefe aufbehalten und da er dazu
Zeit gehabt, solche nicht verbrannt hat. Atzenheim an Christian III., Birkenfeld 9.2.1724.
GHA München KA ,479/1.
30 Siehe dazu MOLITOR, Geschichte einer deutschen Fürstenstadt, S. 401.
31 Atzenheim an Christian III., Birkenfeld 9.2.1724. GHA München KA 479/1.
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