Vom kurpfälzischen in den pfalz-zweibrückischen Dienst war Johann David
von Haumüller übergewechselt. Als Konvertit stand er Gustav Samuel Leopold
besonders nahe. Bereits in den ersten Tagen des Jahres 1723 war ein längerer
Aufenthalt Haumüllers am Zweibrücker Hof aufgefallen; man hielt ihn
zunächst für einen kurpfälzischen Spion18 und war nicht wenig überrascht, als
er kurze Zeit später als pfalz-zweibrückischer Regierungsrat in Erscheinung
trat. Dank ihm sollte die kurpfälzisch gesinnte katholische Partei in Pfalz-Zwei¬
brücken schon bald vollends die Oberhand gewinnen.
An der Spitze der gegen Luise Dorothea eingestellten Kreise und als Exponent
der birkenfeldischen, protestantischen Partei stand der Premierminister Philipp
Friedrich von Schorrenburg19. Sein engster Mitarbeiter war sein Schwager Emil
Casimir Wernigk von St. Ingbrecht20, ebenso wie Schorrenburg Mitglied einer
alteingesessenen Beamtenfamilie. Bisher war er ein geschätztes Mitglied im
Regierungskollegium gewesen, das nun aber von Fabert, Weber und Haumüller
zunehmend in seiner Bedeutung zurückgedrängt wurde. Schorrenburgs früher
geradezu unantastbare Stellung war zwar wegen seiner ablehnenden Haltung
anläßlich der Wiedervermählung Gustav Samuel Leopolds geschwächt21, so¬
lange er in seiner Eigenschaft als Leiter der Geistlichen Güterverwaltung den
Bestrebungen Gustav Samuel Leopolds, sich am Kirchengut zu bereichern, ent¬
gegenkam, war seine Stellung gesichert. Da er sich aber als Vertreter pfalz-
birkenfeldischer Ansprüche fühlte und es wagte, ohne Wissen des Landesherrn
sich mit Religionsbeschwerden nach Regensburg zu wenden, schien er nicht
länger tragbar zu sein. An seinem Sturz arbeiteten nicht nur Luise Dorothea aus
persönlichen, nicht nur Baussumer aus religiösen, sondern auch die sich in
Pfalz-Zweibrücken allmählich etablierende kurpfälzisch gesinnte Partei aus
politischen Motiven. Daß Schorrenburg sich dennoch in seiner unhaltbar ge¬
wordenen Stellung noch länger als ein Jahr behaupten konnte, kennzeichnet
am besten die Machtfülle, die er während seiner dreijährigen Ministerschaft
erworben hatte. Allerdings war er von den Geschäften bereits weitgehend aus¬
geschaltet worden, als sich eine Gelegenheit fand, ihn auch formell seines
Amtes zu entheben.
Mitte Juni des Jahres 1723 hatte der kurpfälzische Gesandte aus Regensburg
berichtet, daß in diplomatischen Kreisen ein Schriftstück kursiere, welches
durch die offene Art, in der es die Vorgänge am Zweibrücker Hof schildere,
großes Aufsehen errege22. Gustav Samuel Leopold war über diese Vorgänge
ahnungslos, bis ihm am 12. August 1723 der Professor Georg Christian
18 Ebda.
19 Siehe zu ihm S. 134 Anm. 5 sowie crollius. Commentarius de cancellariis, S. 23 ff.
20 Siehe Anm. 5 in diesem Teil.
21 Gustav Samuel Leopold gewährte Schorrenburg weder die von ihm infolge erlittener
Kränkungen selbst erbetene Entlassung, noch gelang es den Bemühungen Luise
Dorotheas, ihn zu beseitigen. Siehe dazu die beiden Schreiben Atzenheims an
Chrisüan III. vom 20. Januar und vom 14. Februar 1723. GHA München KA 479/1.
22 Bericht des pfälzischen Gesandten, Regensburg 14.6.1723. GHA München KA 484/4.
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