gänzlichen Ausscheiden des adligen Elements aus dem Kreis der Räte28; einer¬
seits versahen diese als Statthalter bzw. als Hofmeister die höchsten Ämter in
der Zentralverwaltung29, andererseits blieben sie als Räte von Haus aus eine Er¬
gänzung des Ratskollegiums30. Das Bürgertum31 war aus dem Organismus der
Zentralverwaltung nicht mehr wegzudenken. Seinem Aufstieg im Verwaltungs¬
dienst ist auch im 17. Jahrhundert keine rückläufige Bewegung gefolgt32: Die
Zusammensetzung von adligen und bürgerlichen Räten im Verhältnis 1:2 blieb
im Ratskollegium bestehen. Auch in den übrigen Behörden änderte sich der so¬
ziale Aufbau kaum; das Bürgertum blieb sowohl in der Rentkammer wie auch
nach 1664 im neu errichteten reformierten Oberkonsistorium33 tonangebend.
Aber es war auch in der unmittelbaren Umgebung der Fürsten in Gestalt der
einflußreichen Kammersekretäre34 vertreten; sie unterschieden sich nach Aus¬
bildung und Besoldung nur unwesentlich von denjenigen Räten, die in der
Kanzlei oder in der Rechenkammer tätig waren35.
Neben der Anlehnung an das wohlhabende Bürgertum war eine gewisse Stetig¬
keit des Dienstverhältnisses für das Beamtentum seit Herzog Johann I. kenn¬
zeichnend. Bereits Herzog Wolfgang hatte den Grundsatz der Bewährung zum
Wertmesser seiner Beamten erhoben: In seinem Testament vom 18. August
1568 empfahl er, daß Beamte, die sich in seinen Diensten bewährt hatten, auch
28 In den - allerdings anders strukturierten - Ratsgremien der Kurpfalz und Hessen-
Kassels war es dem bürgerlichen Element nicht möglich, das adlige Element zu ver¬
drängen, da noch die Hälfte bzw. wenigstens ein festgesetzter Teil der Ratsstellen Adli¬
gen Vorbehalten war: In Kurpfafz bestand im Oberrat - außer den drei Spitzenbeamten
- ein Verhältnis von 3:3 zwischen adligen und bürgerlichen Räten; in Hessen, wo es
nach 1559 ein Übergewicht von Beamten aus dem Bürgertum gab, waren wichüge
Ratsstellen aber zum Teil nur Adligen zugänglich. Für Kurpfalz PRESS, Calvinismus und
Territorialstaat, S. 38; für Hessen metz, Das Eindringen des Bürgertums, S. 46-52, ders.,
Zur Sozialgeschichte des Beamtentums, S. 138-148.
29 Siehe dazuEiD, Hof- und Staatsdienst, S. 170.
30 Zu den Räten, die von Haus aus tätig waren, siehe eid, Hof- und Staatsdienst, S.
174-176.
31 Dieses Bürgertum war allerdings soziologisch noch nicht scharf profiliert; als Charak¬
teristikum könnte man eher die Bildung ansprechen.
32 Vgl. zu den folgenden Ausführungen die Angaben des Dienerbuchs für die Jahre 1629
und 1630 (LA Speyer B 2, Nr. 1627) und die Besoldungslisten der noch vorhandenen
Kammerschreibereirechnungen für die Jahre 1604, 1610, 1613, 1630 sowie 1681-1683
(LA Speyer B 3, Nr. 181-188).
33 Siehe dazu biundo, Mitglieder des zweibrückischen reformierten Oberkonsistoriums, S.
132-136.
34 Zum Amt des Kammersekretärs vgl. das Kapitel „Das persönliche Regiment...".
35 Das hohe Ansehen, das die Kammersekretäre genossen, spiegelt sich verschiedenüich
in familiären Verbindungen mit diesen Räten und mit dem gehobenen Bürgertum.
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