Full text: Die Bauernwirtschaften des Fürstentums Nassau-Saarbrücken im 18. Jahrhundert

die unzertrennliche Beibehaltung der sogenannten Vogteien 1758. Unter Berück¬ 
sichtigung der unterschiedlichen Bodenqualitäten legte er die Mindestgröße der 
Vogteien in den Regionen seines Fürstentums neuerlich fest46. Die Anlage der 
Verordnung läßt den Willen des Fürsten erkennen, möglichst viele Untertanen auf 
leistungsfähige Höfe zu setzen. Allerdings wurden die weichenden Erben diesmal 
durch die Verpflichtung des Hoferben, die Erbteile im Laufe der nächsten sechs 
Jahre nach vorheriger objektiver Wertschätzung an seine Geschwister auszuzahlen, 
weitaus besser gestellt47. 
Die Bauern waren nicht mehr berechtigt, die Vogtei oder Teile davon zu ver¬ 
äußern, zu verschreiben oder zu verpfänden, wenn nicht vorher die landesherrliche 
Erlaubnis eingeholt war. Um die Vogteien zu vergrößern, sollten die Wilderungen 
und die Nachtweiden allmählich unter die Gemeindeleute verteilt werden. Dadurch 
wurde es möglich, größere Vogteien nochmals zu teilen und kleinere zu leistungs¬ 
fähigen Betrieben auszubauen. 
Am 31. 1. 1764 hob Fürst Wilhelm Heinrich die Vogteien auf. Er begründete 
seinen Entschluß mit der Tatsache, daß bei täglich sich vermehrender Anzahl 
Unserer getreuen Untertanen ... die Beibehaltung der Vogteien und Stammgüter 
... zu hinlänglichen ihres Lebens Unterhalt eine merkliche Hindernis verursache, 
weshalb es nun allen Bauern freigestellt sein sollte, bei den Güter üb ergaben nach 
Gutfinden unter ihre Erben zu verteilen oder auch einen oder anderen Teil davon 
auf andere Art zu veräußern48. 
Damit erhielten die Bauern freie Verfügungsgewalt über ihren Besitz und wurden 
aus der grundherrlichen Bindung entlassen. Im Verein damit löste auch die neu 
geschaffene Gütersteuer eine Reihe grundherrlicher Abgaben ab. 
3. Die Größe der bäuerlichen Höfe 
Die Größe der Höfe entscheidet häufig über die Möglichkeiten der Bewirtschaftung. 
Mag der Boden auch noch so gut sein, der Bauer wird dennoch kein Auskommen 
haben, wenn er das Land mit vielen teilen muß. Andererseits werden große Höfe 
durchaus in der Lage sein, auch bei ungünstigem Boden mehr zu produzieren, als 
zur Ernährung der auf ihnen lebenden Menschen notwendig ist. Die weiter unten 
folgende Betrachtung der Höfe einiger ausgewählter Regionen des Fürstentums 
wird jedoch zeigen, daß beide Extreme aus anderen Gründen recht unterschiedliche 
46 Danach soll eine ganze Vogtei bestehen in: 
1. Haus, Scheuer und Stall, 
2. 3 Morgen Gemüs- und Obstgarten, 
3. IS Millier Fütterung an Heu und Grummet, 
4. 3 Morgen Feldland für Klee und Etzfutter, 
5. an Ackerland in den Meiereien Arnual, Güdingen und Malstatt 20 Morgen, 
Fechingen, Bischmisheim, Scheidter Berg, Ransbach 36 Morgen, 
Köllertal, Sulzbach, Falscheid 60 Morgen, 
Warndt, Scheidt, Dudweiler, Gersweiler, Völklingen 40 Morgen, 
(J. M. Sittel, a.a.O., S. 321 f.). 
47 Dies und die folgende Entwicklung sind bei N. Scherer, Liegenschaftsrecht, S. 144— 
150 dargestellt. 
48 VO v. 31. 1. 1764; J. M. Sittel, a.a.O., S. 395 ff. und F. Rollé, a.a.O., S. 23. 
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