Full text: Die Bauernwirtschaften des Fürstentums Nassau-Saarbrücken im 18. Jahrhundert

Das Vogteigut 
Vogteien, in anderen Quellen auch Stamm-, Stock- oder beschwerte Güter 
genannt38, waren die Regel der bäuerlichen Betriebe. Es ist hier nicht der Raum, 
die vielen Veränderungen aufzuzeigen, die das Vogteigut im Laufe der Jahrhunderte 
durchgemacht hat39, vielmehr soll die Betrachtung des Rechtszustandes der Güter 
mit der Verordnung der Regentin Charlotte Amalie einsetzen, die aus noch darzu¬ 
legenden Gründen versuchte, leistungsfähige Betriebe wieder zu errichten. 
Seit der Verordnung über die Unteilbarkeit der Vogteien in der Herrschaft Ott- 
weiler 159940 waren denen vorhin ergangenen Verordnungen zuwider ... ganze 
Güter in viele Portiones ... zergliedert worden41, so daß die Herrschaft um gere¬ 
gelte Abgaben und Dienste fürchten mußte. Die Lage im Fürstentum Nassau-Saar¬ 
brücken scheint also die gleiche gewesen zu sein wie in anderen deutschen Terri¬ 
torien: „Wenn sich auch die Realteilung in vielen Gebieten Südwest- und West¬ 
deutschlands durchzusetzen vermochte, so hat auf der anderen Seite die Landes¬ 
herrschaft vielfach einen harten Kampf gegen die Realteilung oder überhaupt die 
Zersplitterung der Bauernhöfe geführt“42. 
In der Verordnung von 1731 setzte Fürstin Charlotte Amalie Mindestgrößen für 
die Vogteien fest, um damit deren Leistungsfähigkeit zu garantieren43 45. Das konnte 
aber nur bedeuten, daß die Vogtei nach dem Tod der Eltern auf eines der Kinder, 
in der Regel den ältesten Sohn, überging. Die anderen Kinder mußten weichen und 
sollten zum Kontingent genommen werden, oder sich zu verdingen, oder aber 
auch als Handfröner und Beisassen auf den Tagelohn ehrlich zu ernähren ange¬ 
halten werden**. Die Abfindung für die weichenden Erben war gering. 
Die Bevölkerung wuchs aber weiter, und die Realerbteilung wurde, wie die Statisti¬ 
ken zeigen, unter der Hand praktiziert. Die Regentin saß weit, und der Besitzlosen 
gab es im Lande schon genug. Andererseits hatten z. B. die Vogteien des Köllertales 
soviel Land, daß die Besitzer gar nicht imstande waren, es ordentlich zu bestellen. 
Durch Erlaß vom 13. 12. 1755 wurden dergleichen starke Vogteien*b zur Teilung 
freigegeben. Da man sich anscheinend auch unter dem jungen Fürsten Wilhelm 
Heinrich nicht an die Verordnung von 1731 hielt, erneuerte dieser das Dekret über 
38 Nach O. Beck, a.a.O., S. 343 hießen sie Stockgüter, weil sie unteilbar, Vogteien, weil 
sie Lehngüter waren, Schaftgüter, weil sie Bauern übergeben wurden, um von diesen 
bebaut, bearbeitet, beschafft zu werden: m. E. nannte man sie Schaftgüter, weil ihre 
Besitzer den Schaft (Abgabe) entrichten mußten; vgl. K. Schwingel, Wirtschaft und 
Recht, S. 178 ff und derselbe, Neumünster, S. 40 ff. 
39 Das ist nachzulesen bei K. Schwingel, Neumünster, S. 40 ff. 
40 J. M. Sittel, a.a.O., S. 46. 
41 VO v. 13. 1. 1731, J. M. Sittel, a.a.O., S. 218. 
42 F. Lütge, a.a.O., S. 173. 
43 S 1 der VO v. 13. 1. 1731 (J. M. Sittel, a.a.O., S. 219): ... fürohin kein beschwertes 
Bauerngut geteilet werden solle, es falle dann einem Kind oder Erben zum Hause 
von einer ganzen Vogtei sechs oder vier Pferde und an Heuwachs 10 bis 8 Wagen 
wenigst, sodann nach Proportion nötiges Ackerland und ein Teil in Wilder eien, 
sodann zu einem Hause von einer halben oder einspännigen Vogtei halb soviel Heu¬ 
wachs, Ackerlande und Wilder eien. 
44 § 6 der VO v. 13. 1. 1731, J. M. Sittel, a.a.O., S. 220. 
45 J. M. Sittel, a.a.O., S. 247. 
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