Full text: Die Bauernwirtschaften des Fürstentums Nassau-Saarbrücken im 18. Jahrhundert

Hintersassen zu ihren vermeintlich erlassenen Botengängen anzuhalten. Im Zuge 
der Beschwerden von 1789 erging zunächst die Anweisung, der Schultheiß und die 
Jäger sollten die Untertanen nicht bedrücken und Botengänge nur auf Notfälle be¬ 
schränken. Die gleiche Einschränkung wurde für das Oberamt Ottweiler ausge¬ 
sprochen90. Diese Regelung hatte nur kurzen Bestand, da im Generaldekret von 
20. 1. 1973 die bisherigen Ordonnanzdienste aufgehoben wurden91. 
Sonstige Fuhren 
Weinfuhren gingen vornehmlich in die Pfalz. Sie erwiesen sich für die Bauern als 
besonders beschwerlich, weil die mit vier Pferden bespannten Fuhren Wege von 
14 bis 24 Stunden unternehmen mußten, und die Bauern verpflichtet waren, sich 
und ihre Tiere aus eigener Tasche zu beköstigen92. Als herrschaftl. Gegenleistung 
stand ihnen ja bekanntlich nur eine Frongabe von 1 bis 2 Pfund Brot und einem 
halben oder ganzen Maß Bier zu. 
Heu- und Fruchtfuhren gehörten grundsätzlich zu den Bauerndiensten. Neben 
solchen Fuhren auf den herrschaftlichen Höfen, von denen noch die Rede sein wird, 
sind hier in erster Linie die Fahrten gemeint, die zur Erntezeit von den herrschaft¬ 
lichen Feldern außerhalb der Temporalbestandshöfe zu den herrschaftlichen 
Speichern, zur Hofhaltung und an die Bedienten unternommen wurden. 
Im Fronvorschlag von 1731 wurden sie ausdrücklich von der Umwandlung in 
Geld ausgenommen und sollten weiterhin in natura praestiert93 94 werden. Danach 
scheint man auch gehandelt zu haben; denn die Heu- und Fruchtfuhren wurden 
durch die erwähnten Dekrete erst zum Ende der Berichtszeit erlassen. 
Die Baumaterialfuhren erlangten in einer Zeit reger Bautätigkeit eine nicht zu 
unterschätzende Bedeutung. Sie entbehrten auch nicht einer gewissen Härte, da die 
Anfuhr von Baumaterialien Voraussetzung für eine Reihe weiterer Arbeiten ist, die 
durch den Einsatz von Handwerkern und auf Grund höherer Interessen termin¬ 
gerecht zu erledigen waren. Folglich wurden die Bauern gerade durch diese Fuhren 
in ihrer eigenen Wirtschaft mitunter empfindlich gestört. Erst gegen Ende seiner 
Regierungszeit entschloß sich Fürst Ludwig, wenigstens in den Sommermonaten 
Rücksicht auf die bäuerlichen Arbeiten zu nehmen und während dieser Zeit Bau¬ 
materialfuhren ganz zu verbieten91. Die Fischfuhren sollten nach dem Fronvor¬ 
schlag von 1731 naturaliter bestehen bleiben95. Diese Fahrten waren allerdings im 
Vergleich zu den übrigen Fuhrdiensten selten und fielen auch nur ein- oder zweimal 
im Jahr an, wenn die Teiche der Herrschaft abgefischt oder Fisch in Trier abgeholt 
wurde. Im übrigen war die Anzahl der Teiche im Laufe des 18. Jahrhunderts ständig 
im Rückgang begriffen. 
90 F. Rollé, a.a.O., S. 34: Dekr. v. 27. 1. 1790. 
91 F. Rollé, a.a.O., S. 43 und J. M. Sittel, a.a.O., S. 25. 
92 W. Martin, a.a.O., S. 48 und A. Scholl, a.a.O., S. 61. 
93 LA SB, Best. 22 Nr. 2461, S. 38 f.: Fronvorschlag von 1731. 
94 LA SB, Best. 22 Nr. 4417, Bl. 36: VO v. 12. 12. 1784, § 6. 
95 LA SB, Best. 22 Nr. 2461, Bl. 38 f. und G. Remy, a.a.O., S. 38. 
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