Full text: Die Bauernwirtschaften des Fürstentums Nassau-Saarbrücken im 18. Jahrhundert

Tieren6 oder eine kleinere Mißernte7 die finanzielle Katastrophe bedeutete. Die 
ganze Arbeit und Energie der Bauern ist auf die Lebensunterhaltung und die 
materiellen Anforderungen der Regierung verwandt worden8, meint Ecker. 
Zu den bereits bestehenden Steuern und Abgaben traten im Laufe des 17./18. Jahr¬ 
hunderts weitere hinzu, die als „Fixierung von Diensten und Abgaben, und zwar 
in Gestalt von festen Geldrenten“9, die Bauern bedrückten. Bei der ständig steigen¬ 
den Bevölkerung boten sich dazu vor allem Naturaldienste an, „die in Geldwert 
angeschlagen und dann in eine Rente umgewandelt wurden“10. Die Umstellung 
der Naturalabgaben brachte der Regierung in weiten Bereichen sichere Geldein¬ 
nahmen statt der marktpreisabhängigen, an Martini zu liefernden Früchte und 
Tiere. Dem Bauern hingegen entstanden durch diese Veränderungen große Zah¬ 
lungsschwierigkeiten11, weil er als kleiner und mittlerer Hofbesitzer selten Über¬ 
schuß erwirtschaftete und folglich über bares Geld nicht oder kaum verfügte. Nur 
in schlechten Erntejahren hatte er einen kleinen Vorteil, weil die Preise stiegen: 
um seine Steuerschuld zu begleichen, brauchte er geringere Mengen zu verkaufen, 
als er früher an Erzeugnissen abgegeben hatte. 
Rolle und die Mehrzahl der fürstlichen Beamten hingegen meinten, die von den 
Meiern 1789 vorgebrachten Beschwerden seien in den meisten Punkten ohne allen 
Grund12, und man könne nicht umhin, den Untertanen vorzuwerfen, sie häuften 
ihre Vorstellungen mit erdichteten Beschwerden an; in Wahrheit aber lebten die 
Untertanen viele Jahre hindurch glücklich, d.h. in stiller Ruhe und treuer Unter¬ 
tänigkeit für ihren gnädigsten Landesherrn13. 
Im Fürstentum Nassau-Saarbrücken waren die ungewissen Abgaben, welche bei 
bestimmten Ereignissen fällig wurden, selten geworden. Dem Trend zu einer 
Normierung der Abgaben, wie sie Lütge in anderen Teilen Deutschlands beobach¬ 
tet hat14, standen in einigen eingetauschten Ortschaften vertragliche Regelungen 
entgegen. Trotzdem drängten dort, wo es möglich war, sowohl die Fürsten als auch 
die Bauern aus Gerechtigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen auf Vereinheitlichung 
6 H.V. — A 433a, Gesuch des Gemeinsmanncs Stoffel aus Oberlinxweiler: . . . daß mir 
armem und altem Mann in dem verflossenen 1762. Jahr das große Unglück betroffen, 
daß mir 2 Kühe und ein altes Ferkelsau gefallen, wordurch ich in einen größeren 
Rückfall meiner Nahrung gekommen ... und noch 11 Gulden schuldig ... und solche 
zu bezahlen nicht imstande bin . . . 
7 H.V. — A 433a, Bitte des Völklinger Hofes vom 16. 11. 1792: . . . da min die Ernte 
dieses Jahr bekanntlich sehr schlecht ausgefallen und die Bezahlung eines so starken 
Frongeldes besonders vor den armen Mann . . . sehr drückend und beschwerlich 
ist... 
8 F. Ecker, a.a.O., S. 18. 
9 F. Lütge, a.a.O., S. 178. 
10 Derselbe, S. 180 meint, dies erfolgte auch bei den ganz kleinen Renten (Besthaupt, 
Leibhuhn), und obwohl diese Renten nur Pfennige ausmachten, war ihre Erhebung 
mehr eine Aufrechterhaltung einer alten Rechtstradition als ein wirtschaftlich rele¬ 
vanter Akt, da die Erhebungskosten vielfach den Wert übertrafen. 
11 LA SB, Best. 22 Nr. 3037 I, Bl. 79: Die Meier von Scheidt und Derlen beteuerten 1783, 
es sei unmöglich gewesen, die ausstehenden herrschaftlichen Gelder beizubringen, 
weil die Untertanen von barem Geld entblößet seien. 
12 F. Rollé, a.a.O., S. 27. 
13 Ebenda, S. 29. 
14 F. Lütge, a.a.O., S. 185. 
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