Siebtes Kapitel
DIE ABGABEN DER BAUERN
Auch im Fürstentum Nassau-Saarbrücken wurden während des 18. Jahrhunderts
eine Vielzahl von Steuern, Abgaben und Gebühren gefordert. Zumindest in der
ersten Hälfte des Jahrhunderts erhoben die fürstlichen Beamten Steuern, wenn sie
nur wollten, ganz ohne Nachsicht und zu Unrechter Zeit und bekümmerten sich
nicht um die wahren Umstände der Debenten1. Konnten die Bauern die fälligen
Abgaben nicht bezahlen, drohten die Beamten mit Pfändung und waren allzu be¬
reit, diese auch tatsächlich vorzunehmen. Nur selten gewährten sie den um Nach¬
sicht bittenden Bauern einen Zahlungsaufschub, meist bis Martini, oder erließen
einen geringen Teil der Steuerschuld, wenn sich die Klagen über die hohen Ab¬
gaben im Land besonders häuften. Den meisten Saarbrücker Bauern ging es daher
ziemlich schlecht.
Amtmann v. Lüder in Ottweiler meinte, der Grund von der einreißenden Armut
lieget in derer Wucherer Unbarmherzigkeit und der Quartalserhebung haupt¬
sächlich verborgen2. Auf den ersten Blick scheinen die beiden Ursachen nichts mit¬
einander zu tun zu haben. Aber woher sollte ein Bauer im Frühjahr die nötigen
Mittel nehmen, um seine Quartalsabgaben zu leisten, wenn er im laufenden Jahr
noch keine Einnahmen zu verzeichnen hatte. Da der Fürst in der zweiten Hälfte
des 18. Jahrhunderts vornehmlich Abgaben in Geld forderte, wußten viele, vor
allem kleine Bauern in ihrer Not nur noch den Weg zum Geldverleiher, der den
großen Haufen der Restschiddner durch die unmäßigen Zinsen und vorgefallenen
Winkelkäufe ausmergelte3.
Die Steuern waren zwar fürs erste beglichen, der Hof geriet aber in immer tiefere
Schulden. Diese Praktiken brachten eine Flut regelmäßig damit verknüpfter Un¬
kosten und dabei erlittener Nebenbedrückungen mit sich, und in der Folge würde
man die Schuldenlast entdecken und dabei erfahren, daß zwar der Bauer von Jahr
zu Jahr sich vor dem Abfall zu verwehren gesuchet, aber in die Länge die Zinsen
sein ganzes Gut auf zehren müssen4. Im gleichen Sinne äußerten sich die Bauern,
von denen „Steuer- und Frohndenlast nach wie vor als drückend empfunden wur¬
den“5. Sie brachte die Bauern, sofern sie nicht sowieso schon ständig überfordert
waren, so sehr an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit, daß der Verlust von wenigen
1 Amtmann v. Lüder bei H. Diehl, Güdinger Dorfbuch 1973, Güdingen 1973, S. 533.
2 Ebenda.
3 Viele Bauern verkauften ihr Getreide bereits vor der Ernte auf dem Halm zu Unter¬
preisen oder nahmen direkt Geld zu überhöhten Zinsen auf, obwohl zahlreiche Ver¬
ordnungen dies zu unterbinden suchten.
4 Amtmann v. Lüder bei H. Diehl, Dorfbuch, S. 533.
5 A. Ruppersberg, Grafschaft II. Teil, S. 301.
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