Full text: Die Bauernwirtschaften des Fürstentums Nassau-Saarbrücken im 18. Jahrhundert

unbedingt in Herden gehütet werden83. Waren zunächst nur Schafe von dieser 
Verordnung betroffen, so wurden 1761 auch Rinder und Zugtiere erfaßt84. 
Die Reihenfolge, in der die Vieharten nach der Sperrzeit wieder auf die Wiesen 
getrieben wurden, gibt heute noch Auskunft über die Wertschätzung der Tiere. 
Die Zugtiere erhielten nämlich zwei Tage lang die Vorweide vor den Kühen; erst 
nach diesen durften die Schafe die Wiesen betreten85 86. 
Mit diesen Neuerungen konnten sich die Bauern nur schwer anfreunden, und es 
gilt der alte Satz, daß mit der wachsenden Entfernung zum Fürsten die Befolgung 
seiner Verordnungen augenscheinlich abnahm. Noch 1782 mußte die Regierung 
die Untertanen, die aus Starrköpfigkeit oder Not das Vieh im Frühjahr zu lange 
in den Wiesen ließen, daran erinnern, daß solches Wiesen Ausweiden nach vor¬ 
liegenden herrschaftlichen und Dorfordnungen ohnehin nicht länger als bis auf 
den 1. April eines jeden Jahres erlaubt ist96. 
4. Der Aufschwung in der Viehzucht 
Durch die Generalrenovatur wurden die Bauern verpflichtet, große Teile der Wil¬ 
derungen in ständiges Ackerland umzuwandeln. Die enorm gestiegene Nachfrage 
nach Dünger brachte folglich die Bauern dazu, einer „zweckentsprechenden Be¬ 
handlung des Düngers im Stall, auf der Dungstätte und auf dem Felde größere 
Aufmerksamkeit zuzuwenden“87 88. Gerade die bessere Pflege des Dungs auf den 
Höfen der Untertanen sollte, so meinte Goetz, vornehmste Aufgabe auch des zu¬ 
künftigen Ökonomierates sein, indem er wann er an diesen oder jenen Ort kommt, 
die Stallungen und vor denenselben den Misthaufen beaugscheinigen (soll), daß 
der Dung in denen ersteren nicht zu viele Tage oder wohl eine ganze Woche darauf 
liegen bleiben und letztere nicht zu tief in das Wasser ... gesetzet werden". 
Qualität und Quantität nahmen durch den zögernden Übergang zur Sommerstall¬ 
fütterung noch weiter zu, wenngleich darin noch längst keine geregelte Sommer¬ 
stallfütterung gesehen werden darf89. Folglich war, wie häufig angenommen wird, 
nicht der „Fleischbedarf einer wachsenden Bevölkerung, sondern der Düngemittel¬ 
bedarf des Getreidebaus der Hebel zum Fortschritt in der Futterwirtschaft und 
Viehhaltung“90. 
Mit der Vergrößerung des Viehbestandes ging auch eine Hebung der Viehzucht 
einher; man begann nun ganz bescheiden, im eigentlichen Sinne des Wortes Vieh¬ 
zucht zu betreiben. Gleich ein ganzes Bündel von Aufgaben erwartete den Fürsten 
und seine Untertanen: Beschaffung ausgewählter Vatertiere, Einfuhr anderer 
83 H.V. — A 650 und J. M. Sittel, a.a.O., S. 345: VO v. 11. 12. 1761. 
84 LA SB, Best. 22 Nr. 4427, S. 20: VO v. 28. 4. 1761. 
85 J. M. Sittel, a.a.O., S. 733; § 67 der Bürgerordnung Ottweiler-Stadt. 
86 J. M. Sittel, a.a.O., S. 493. 
87 Th. v. d. Goltz, a.a.O., S. 462. 
88 LA SB, Best. OW 57, § 13. 
89 Diese scheint sich erst um 1850 im Lande durchgesetzt zu haben (N. Blesius, a.a.O., 
S. 37). 
90 W. Abel, Fleischverbrauch, S. 443. 
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