Full text: Die Bauernwirtschaften des Fürstentums Nassau-Saarbrücken im 18. Jahrhundert

Viehzucht noch weniger einen Ersatz für die abgehende, zu unserer Viehzucht 
unentbehrliche Weide erhielte7S, standen die Ziele fürstlicher Agrarpolitik entgegen 
Vermehrung von Wiesen- und Ackerland, Einführung der Sommerstallfütterung 
durch Anbau von Futterpflanzen und Erzeugung von gutem Dünger in ausreichen¬ 
der Menge76. 
Die Nachtweiden sind bis zum Ende des Untersuchungszeitraumes trotzdem nicht 
ganz verschwunden. Rollé erwähnt noch 1787 Nachtweiden in Bübingen, Fechin¬ 
gen, Ransbach, Karlsbrunn, Naßweiler, Rösseln und St. Nikolaus77 79. Schließlich 
gab sich die Regierung geschlagen und erlaubte das Weiden des Viehs zu bestimm¬ 
ten Zeiten unter entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen gegen ein Ausbrechen der 
Tiere wie bisher und bis durch den von den Untertanen anzuschaffenden genüg¬ 
samen Futterbau das Nachtweiden abgestellet werden könne18. 
Da die öffentlichen und gemeinen Viehweiden mehr Schaden als Nutzen79 brachten, 
weil man das Vieh nach der Heuernte ungehütet auf Wiesen und Feldern herum¬ 
laufen ließ, bedurfte das gesamte Weiderecht ebenfalls einer Neuordnung. Dabei 
wurden die Rechte der herrschaftlichen Temporalbestandshöfe nicht angetastet. 
Zunächst war es notwendig, nach vorher gemachter Untersuchung der Stärke und 
Größe der Viehherden die Weide einzuteilen und nicht zu gestatten, daß der eine 
hier- und der andere dorthin fährt, sondern sie alles Vieh beisammenhalten und 
ein Stück nach dem anderen ausweiden müssen, womit verhütet wird, daß nicht 
alleine die Weide zum größten Schaden auf einmal überlaufen und vertreten 
wird80. 
Bei dem bereits erwähnten schlechten Zustand der Weiden konnte das Vieh dort 
nicht satt werden, so daß die Bauern auch im Stall Futter reichen mußten. Dessen 
Beschaffung durch Anbau neuer Futterpflanzen steckte aber bekanntlich noch in 
den Kinderschuhen. Es blieb daher nur die Möglichkeit, die Heumenge zu vergrö¬ 
ßern. Wenn man das Vieh bis in den Mai hinein in den Wiesen duldete, brauchte 
man sich im Juli nicht über die kümmerlichen Heumengen zu wundern. Der Fürst 
ließ daher, wie bereits oben erwähnt, 1757 die Wiesen vom Georgentag (23.4.) bis 
Michaelis (29. 9.) schließen81. Vier Jahre später dehnte er die Sperrzeit aus, weil 
sich herausgestellt hatte, daß die geschlossene Zeit vor der Heumahd nicht aus¬ 
reichte, den bestmöglichen Gewinn an Heu zu erwirtschaften. Das Vieh durfte 
nun vom 1. April an nicht mehr in die Wiesen82 und mußte auch nach Michaelis 
75 LA SB, Best. 22 Nr. 2654, Bl. 22; Resolution der Gemeinde Güdingen v. 11. 10. 1786; 
ferner LA SB, Best. 22 Nr. 2648, Bl. 141, Beschwerde Güdingens, § 15: Die Güdinger 
fanden sich mit der Schließung der Nachtweide nicht ab und nutzten noch 1789 
anläßlich der allgemeinen Beschwerden die Gelegenheit, die Wiedereröffnung der 
Nachtweiden zu fordern. 
76 LA SB, Best. 22 Nr. 2654, Bl. 6; so Amtmann Lex in seiner Stellungnahme v. 29. 12. 
1758 zur Beschwerde der Güdinger v. 16. 12. 1758. 
77 H.V. —H 11, S. 146—158. 
78 J. M. Sittel, a.a.O., S. 504; VO v. 5. 11. 1784. 
79 F. Rollé, a.a.O., S. 20. 
80 LA SB, Best. OW 57, § 6. 
81 J. M. Sittel, a.a.O., S. 320; VO v. 4. 7. 1757. 
82 Weidgerechtigkeiten der Bannbücher; Dorfordnungen; Ausnahme nur in Warndt¬ 
gemeinden bis 15. April. 
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