toffel soll um 1700 nach Bischmisheim, bzw. Dillingen gelangt sein31. Zunächst
wurde sie in den Gärten angebaut und drang dann neben Gerste und Hafer in den
Sommerschlag vor, schließlich auf das Brachfeld. Noch im Jahre 1730 war ihr Anbau
so unbedeutend, „daß es nicht der Mühe wert gehalten wurde, sie wie alle anderen
Früchte zu besteuern“32. Langsam erkannte man den Wert der unscheinbaren und
zunächst als giftig angesehenen Knollen, „die sich rasch zu Massenerträgen an¬
bauen ließen, sowohl für die menschliche Ernährung als auch für die Viehhal¬
tung“33.
Die Kartoffel hatte, so glaubte man damals, etwa das Dreifache der Nährwerte
des Getreidebaus gleicher Fläche34 36, was die schwächsten unter den Bauern schon
früh dazu brachte, die Ernährung ihrer Familie durch den Kartoffelanbau zu ver¬
bessern und einigermaßen zu sichern. Zur Verbreitung des Kartoffelanbaus brauch¬
ten die Fürsten keine Verordnung zu erlassen, im Gegenteil, die Bauern forcierten
ihn im Rahmen ihrer Möglichkeiten und später auch gegen die Vorschriften85, so,
daß Fürst Ludwig einigen Auswüchsen Einhalt gebieten mußte und verordnete,
daß künftighin einem Gutsbesitzer auf denen Stadt- und Dorfbännen von seinem-
dem großen Zehenden unterworfenen und mit Grundbirnen bepflanzten Garten,
und Etzelland jährlich nur ein achtel Morgen als Gartengenuß zehendfrei gelassen
die daselbst weiter gepflanzte Grundbirn aber gleich denen in zehendbaren Feldern
ordentlich verzehntet werden soll™.
Nach Ruppersberg wurde der Kartoffelzehnt bereits 1747 erwähnt und 1757 zum
großen Zehnt geschlagen37. Nach Hoppstädter soll er 1758 eingeführt worden
sein38 39, nach einem Bericht der Rentkammer Ottweiler an die Regierung in Saar¬
brücken von 1783 bereits um 1743. In diesem Zusammenhang ist die Begründung
für die Einführung dieses neuen Zehnten interessant. Der enorme Anstieg des
Kartoffelzehnten im ganzen Land beweise, nach der im übrigen irrigen Ansicht
der Rentkammer, daß die vorzügliche, nützliche und immer zunehmende Grund-
birnpflanzung in den Feldern die Fruchtzehnten schwächen muß, mithin ist nichts
billiger als die Bezahlung des geringen Grundbirnzehnten™.
Der Kartoffelzehnt wurde schließlich von Fürst Wilhelm Heinrich 1763 als weitere
Abgabe für verbindlich erklärt. Im gleichen Jahr sollten von einem Morgen Kar¬
toffelland 7 Albus entrichtet werden. Dieser Betrag wurde schon im folgenden
31 A. Haßlacher, Einführung und Verbreitung der Kartoffel im Saarbrücker Lande, in:
Bergmannsfreund Nr. 48—50, Saarbrücken 1878, passim; bei ihm die ausführlichste
Darstellung über die Kartoffel im allgemeinen und speziell für die Saargegend; ferner
W. Abel, Landwirtschaft, S. 520; derselbe, Epochen, S. 66; derselbe, Agrarkrisen,
S. 193; derselbe, Geschichte, S. 289; R. Berthold, a.a.O., S. 105; J. Collet, a.a.O.,
S. 7; J. Diehl, a.a.O., S. 96; Th. v. d. Goltz, a.a.O., S. 457; R. Krzymowski, a.a.O.,
S. 222; Ch. Langethal, a.a.O., S. 186; A. Ruppersberg, Grafschaft II. Teil, S. 259;
derselbe, Dudweiler, S. 30; D. Saalfeld, a.a.O., S. 89; W. Weidmann, a.a.O., S. 76.
32 Haßlacher, a.a.O., S. 197.
33 B. Krajewski, a.a.O., S. 68.
34 W. Abel, Landwirtschaft, S. 520; derselbe, Geschichte, S. 288.
35 Vgl. J. Collet, a.a.O., S. 7.
36 Stadt A SB, Stadtgericht St. Johann 27 (1784) und LA SB, Best. 22 Nr. 4051.
37 A. Ruppersberg, Grafschaft II. Teil, S. 259.
38 K. Hoppstädter, Bexbach, S. 112.
39 Ebenda, S. 112.
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