Die Weiden gehörten zum Besitz der Gemeinden, die das Weiden der Dorfherden
unter Aufsicht von Hirten täglich von Sonnenauf- bis -Untergang gestatteten. Teile
der Allmenden wurden durch Zäune gesichert und standen dem Zugvieh auch über
Nacht als Uchtweide offen. Man konnte das Vieh auch auf das Wilderungsland
(Drieschland) treiben. In Orten mit Felderwirtschaft traten noch Stoppelfelder
und Brachäcker hinzu, die periodisch als Weide nutzbar waren. Die Wiesen konn¬
ten in allen Gemarkungen das Winterhalbjahr über beweidet werden. Auf den
Verbindungswegen zwischen den wechselnden Weidepiätzen und den Brunnen
fand das Vieh wenig Futter.
Die Bauern konnten, so sollte man annehmen, die Weidemöglichkeiten ihres eige¬
nen Bannes voll ausschöpfen. Dies war aber aus zwei Gründen nicht der Fall.
Der Fürst hatte die Temporalbestandshöfe mit großzügigen Sonderrechten be¬
dacht. Eines davon war die Weideberechtigung, welche zu ständigen Klagen der
Bauern aus den umliegenden Dörfern führte, weil diese in der Nutzung der auf
ihrem Bann befindlichen Weiden und Wiesen ganz empfindlich eingeschränkt
wurden.
Meistens durfte der Hofbeständer seine auf eigenem Grund liegenden Weiden und
Wiesen allein nutzen120. Die Bauern hatten mit ihrem Vieh dort nichts zu suchen.
Die Pächter hingegen schickten vornehmlich das Schafvieh, seltener auch das
Großvieh, auf die bäuerlichen Wiesen und Weiden. Ihr wöchentliches Erscheinen
mit zum Teil großen Herden bewirkte einen bedeutenden Futterverlust für die
Tiere der Bauern und führte dazu, daß eine Schafhaltung ihrerseits in vielen Dörfern
nicht mehr möglich war und durch den Fürsten nicht gestattet wurde121. Durch
die Vorweide der herrschaftlichen Herden ging den Bauern überdies noch das
Futter verloren122.
Tabelle 33 zeigt die Belegung ausgew'ählter Gemarkungen mit Schafherden der
Herrschaft.
Die Gemeinden behinderten sich gegenseitig in der Nutzung der Weiden, indem sie
auf Grund althergebrachten Rechtes ihr Vieh auch auf den Bann der Nachbarge¬
meinde trieben. Häufig durfte der gesamte nachbarliche Bann bestrichen werden123,
oft nur Teile desselben124. Bestimmte Distrikte waren den einzelnen Vieharten der
fremden Bauern Vorbehalten125. Diese Koppelweide oder Gemeinweidigkeit, wie
sie in Nassau-Saarbrücken genannt wird, brachte eine Flut von Streitereien mit
sich, weil die Bauern auch in den Jahren der Renovatur nicht bereit waren, gegen¬
seitige Weiderrechte auf ihren Bännen aufzugeben, um dadurch die Alleinweide
120 Vgl. LA SB, Best. 22 Nr. 2486, S. 10 f. Bildstöcker Hof; Nr. 3916 Forbacher Hof; Nr.
2611, Bl. 10 Fenner Schweizerei; Nr. 2681, Bl. 47—48 Holzer Hof; Nr. 2769,
S. 78—81 Neumünsterer Hofgut; H. Weyand, a.a.O., S. 34.
121 Z. B. LA SB, Best. 22 Nr. 2648, S. 125 ff.: Anfrage der Güdinger zwecks Erteilung
der Erlaubnis zur Schafhaltung wird abgelehnt.
122 Vorweide, z. B. LA SB, Best. 22 Nr. 2840, S. 5, Art. 8; Nr. 2681, S. 47 f. Holzer
Hof; Nr. 2719 Kohlhof; Nr. 2769, S. 78 f. Hofgut Neumünster.
123 Gemeinsame Weiden hatten z. B. Malstatt-Burbach, Falscheid-Eidenborn, Kölln-
Engelfangen; vgl. die Weidgerechtigkeiten in den Bannbüchern.
124 Z. B. Ransbach in Gräfinthal, St. Arnual in Güdingen, Berschweiler in Dirmingen,
Mainzweiler in Remmesweiler.
125 Z. B. Berschweiler auf Holzer Bann mit dem Zug- und Schafvieh.
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