Dieser Torso steht auf einem eindeutig Renaissanceformen aufweisenden Architekturteil. Of¬
fenbar war zu Zeiten von Dors schon eine „Renovation“ vorgenommen worden.
Es ist zu vermuten, daß auch unter dem rückwärtigen rechten Baldachin ein weiterer Evange¬
list gestanden hat.
Auf der Dors’schen Zeichnung ist ferner links eine vergitterte Sakramentsnische mit einer
Ewig-Licht-Lampe zu erkennen 4!)).
Auf die Meisterfrage, — Schöpfer war wohl der Meister des Severigrabmals in Erfurt, — soll
hier nicht näher eingegangen werden 50).
Dors stellt sich uns hier als hochtalentierter Zeichner vor, der in bewundernswerter Art und
Weise das Denkmal in seiner architektonischen Struktur und in seinem Gesamtaufbau erfaßt
hat, auch wenn eingewendet werden muß, daß die Wiedergabe nicht ohne Fehler ist. Sehr si¬
cher hat Dors den sich verflachenden, ausgezehrten, schönlinig-gotischen Stil der Figuren aus
der Entstehungszeit des Grabmals getroffen, das schon zu dem weich zerfließenden sogenann¬
ten „style douce internationale“ der Jahrhundertwende überleitet. Die Mühelosigkeit und Leich¬
tigkeit der Strichführung und Konturen zeigen einen Zeichner von beachtlicher künstlerischer
Begabung. Besonders hingewiesen werden soll auf die meisterhaften Schattenzonen hinter den
Konsolfiguren der Rückwand.
Leer. Fol. 2V—2&
14 H Abb.28
Wiesbaden, ehern. Klarissenkloster Klarenthal
* Tumbenplatte des Grafen Adolf I. von Nassau (f 17. 1. 1370) und seiner Gemahlin Mar- Fol. 21*
garethe, Burggräfin von Nürnberg (f nach 1382) 51 52).
18x31,5 cm. — Schwarze Tuschezeichnung, schattiert mit grauer Wasserfarbe, Grabschrift in schwarz-brau¬
ner Tinte; Bleistiftvorzeichnung z. T. noch erkennbar; Blatt überzogen mit Netz von Bleistiftlinien; Blatt auf¬
geklebt; Zerstörungen an oberer linker Ecke und am unteren Rand, mit Papierstreifen hinterklebt; auf dem
Helm Schrift Adolph. — St. George S. 41. — Hagelgans S. 18, XXXVI. — Kremer II, S. 459, IX. — Hel¬
wich Hs 225, S. 128. — Weitere Abb. des Grabmals bei Andreae 1002/2, fol. 24 (Abb. 29); vgl. auch 1002/2,
fol. 23 (vgl. Farbtafel). — Grabschrift auch Andreae 1002/2, fol. 77v 52).
49) Nach Helwich (zit. nach Roth, Geschichtsquellen aus Nassau II, S. 252) sollen dort die Gallensteine
aufbewahrt worden sein, an denen der Erzbischof starb.
50) Vgl. Hahn S. 238, Anm. 10 mit der dort angegeb. Literatur. — L. Fischei, Mittelrheinische Plastik des
14. )hs., S. 81 ff. — Kunze, Die Plastik des 14. Jhs. in Sachsen und Thüringen. — Hamann-Käst¬
ner, Elisabethkirche zu Marburg Bd 2, S. 304 ff. — Thieme-Becker, Allgemeines Lexikon der bilden¬
den Künstler, Bd 37, S. 239, 308. — Schaum-Benedum S. 39 ff., 154 f.
51) Adolf I., geboren 1307 als Sohn Gerlachs I. von Nassau und dessen erster Gemahlin Agnes von Hes¬
sen. Er heiratete 1332 Margaretha, Tochter des Burggrafen Friedrich IV. von Nürnberg und der Mar¬
garetha von Kärnten (Isenburg I, 60, 97, 109), deren Sterbejahr nicht bekannt ist. Sie hat am 14. 11.
1382 noch gelebt (Otto S. 181). Zur Tumbenplatte und zur Person Adolfs vgl. Münzert a.a.O. Sterbe¬
eintrag im Klarenthaler Nekrolog vgl. Otto, Necrologium Nr. 18.
52) Ebenfalls nur Inschrift für den Grafen. Gleichlautend mit der Inschrift bei Dors.
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