Full text: Die saarländischen Weistümer, Dokumente der Territorialpolitik

hatte sich das Hofrecht in der kurzen Zeit zwischen beiden Weistumsniederschrif¬ 
ten nicht geändert, d. h. zum Zeitpunkt der Niederschrift von Fechingen I waren 
die Rechte der Untertanen die gleichen und wurden nur von Seiten der Dorf¬ 
herren nicht erfragt. Hätten wir nur das erste Fechinger Weistum, wüßten wir 
nichts über die großen Rechte der Untertanen noch in dieser Zeit. 
Hier zeigt sich die beschränkte Aussagekraft der Weistümer für die Frage nach 
dem Verhältnis von genossenschaftlichen und herrschaftlichen Rechten. In der 
Regel war die Herrschaft nicht an einer Fixierung der Untertanenrechte inter¬ 
essiert, so daß diese eben nicht schriftlich niedergelegt wurden. Das ist im saar¬ 
ländischen Raum sogar besonders häufig, da die Weisungen in der Regel nicht 
den Hofrechten, sondern den Kundschaften aus anderen Landschaften vergleich¬ 
bar sind. Bei anderen Weistümern ist es auf jeden Fall unzulässig, aus dem 
Schweigen der Quellen auf das Fehlen bäuerlicher Rechte zu schließen. 
Fechingen III: Jahrgeding aus dem Jahr 1549 
Anlaß zur Niederschrift waren Zollstreitigkeiten zwischen Nassau-Saarbrücken 
und Lothringen. Lothringen hatte kurz vor 1549 eine Zollstelle in Fechingen 
eingerichtet, die den Saargemünder Zoll erheben sollte. Das entsprach der all¬ 
gemeinen Entwicklung, daß der Zoll nicht mehr innerhalb des Territoriums, 
sondern erst an der Grenze erhoben wurde. In dem umstrittenen Ort Fechingen 
stellte es jedoch gleichzeitig den Versuch dar, endgültig die Landeshoheit über 
den Hof an sich zu ziehen. Saarbrücken wehrte sich mit Hilfe des Jahrgedings546. 
Es ging der gräflichen Verwaltung damals um die Zollfragen und dementspre¬ 
chend wurden neue Fragen aus diesem Problemkreis gestellt. Daneben versuchte 
man aber noch die alte Streitfrage der Landeshoheit zu lösen, so daß im wesent¬ 
lichen das alte Hofrecht wiederum abgefragt wurde, allerdings mit beträchtlichen 
Modifizierungen. Diese Weisung darf nur im Zusammenhang mit den letzten 
beiden Jahrgedingen beurteilt werden. Es handelt sich um 
Fechingen IV: Jahrgeding von 1567 
Fechingen V: Undatiertes Jahrgeding, entstanden zwischen 1567 und 1581 
Die beiden Weistümer sind während der Austauschverhandlungen zwischen 
Lothringen und Nassau-Saarbrücken erfragt worden und sollten offenbar die 
früheren Weistümer ergänzen, insbesondere das von Saarbrücker Seite als 
Beweismittel vorgelegte Jahrgeding von 1549. 
Als ergänzende Quelle ist noch das lothringische Weistum von Saargemünd 
heranzuziehen, das angeblich 1421 entstand547. In dem längeren Abschnitt über 
546 In den späteren Austauschverhandlungen wird es als Saarbrücker Weistum von 
Seiten des lothringischen Unterhändlers bezeichnet, vgl. unten Kap. 4. 7. 
547 Zur Echtheitsfrage: Die Abschrift ist 1624 beglaubigt, d. h. stammt aus der Zeit, 
in der Lothringen die territorialen Streitigkeiten mit Nassau in diesem Ort end¬ 
gültig beilegte. Man wird mit Krämer (wie Anm. 191) wohl annehmen dürfen, daß 
der Unterzeichnete Tabellion das Weistum guten Gewissens bestätigte. Sicher be¬ 
legt ist es 1565, als sich Lothringen bei Verhandlungen darauf berief (StAK (LAS) 
22/2325, 398). Eine eventuelle Fälschung müßte also davor stattgefunden haben. 
Für eine Fälschung oder mindestens Interpolation des Fechinger Abschnittes spre¬ 
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