alben. Falls sie einmal nicht an die Gemeinde zurückgegeben würden, wären
die Untertanen in Zukunft dieser Verpflichtung ledig. Die Bestimmung war
1458 nicht nur wegen der geschilderten Verteidigungsmaßnahmen, sondern auch
wegen der geänderten Herrschaftsverhältnisse anachronistisch467. Das gilt nicht in
gleichem Maße für die Weisung im Saargau aus dem Jahr 1529: Danach stand
Lothringen und Kurtrier gemeinsam das Landgeschrei zu. Die Untertanen waren
verpflichtet, sechs Schützen auszurüsten und sie sechs Wochen lang auf die
nächste Burg zu schicken. Den Sold zahlte der Fürst, der die Truppe benötigte.
Von der Verpflichtung waren die armen Leute in den Jahren befreit, in denen
Schatzung gegeben wurde, d. h. wahrscheinlich in der Praxis zum Zeitpunkt der
Weisung immer. Die Quelle erwähnt noch einen gemeinsamen Auszug, doch
wird durch die Formulierung deutlich, daß er nicht mehr stattfand.
Eine recht seltsame Art der Fehdeführung wird im Nalbacher Weistum von
1593 gefordert: Wenn die Vögte Krieg führen wollten, sollten sie das den Grund¬
herren vierzehn Tage vorher ankündigen. Blieben deren Schlichtungsversuche
ergebnislos, warnten sie die Untertanen. Diese mußten daraufhin als Schutz
gegen die Brandgefahr alles Heu bis auf einen Rest um den Kopf darauf zu
legen aus dem Haus entfernen. Wer die Vorschriften befolgte, hatte Anspruch
auf Hilfe durch die Grundherren beim Wiederaufbau seines niedergebrannten
Hauses. Die Untertanen sollten am Kriegstermin geschützt mit einem Mantel
und einer Lederhaube aufs Feld gehen und pflügen, wurden sie dabei gefangen,
mußten die Grundherren ihnen zur Auslösung verhelfen, sofern sie nicht vom
Pflug geflohen waren.
Auch viele andere Bestimmungen über die Nachfolgepflicht der Untertanen
waren altertümlich, allerdings keineswegs ohne Bedeutung zur Zeit der Nieder¬
schrift. Der Anspruch des Vogtes oder Hochgerichtsherrn konnte etwa durch
eine Abgabe ersetzt werden, eine solche Weisung war von finanziellem Interesse
für die betroffenen Herren468. Noch wichtiger wurden solche Rechtsansprüche
beim Territorialisierungsprozeß. So bestand der Graf von Saarbrücken auf der
Weisung, daß ihm das Landgeschrei in Orten zustand, in denen er wenige oder
keine Rechte hatte wie z. B. in den Dörfern des Klosters Wadgassen und in
einigen Höfen im Ottweiler Gebiet. In Leiningen wurde 1560 festgestellt, daß
das Landgeschrei allein Lothringen als dem Territorialherrn und nicht allen
im Hof begüterten Herren zustand.
Die Weisungen für den Vogt waren durchweg altertümlich. Das darf allerdings
nicht dazu verführen, hinter den Formulierungen die realen Intentionen der
jeweils interessierten Herren zu vergessen: Die Niederschrift geschah nicht aus
Traditionsbewußtsein der Schöffen, sondern weil im 15./16. Jahrhundert werden¬
de Landesherren daraus Rechte ableiten konnten, die für die Bildung eines
geschlossenen Territoriums bedeutsam werden konnten.
467 Vgl. unten Kap. 4. 7.
468 Das war z. B. in Tettingen der Fall, wo einer der drei Pfennige der Vogtabgabe
für die Befreiung von Vogtgeboten gezahlt wurde, dabei ist an die Reispflicht und
auch Burgwerksfronen zu denken.
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